Gott, das Wort, wurde Fleisch und lebte unter uns.
Gott, das Wort, wurde Fleisch und lebte unter uns.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SS: Evangeliumsauslegung zum 2. Sonntag nach Weihnachten (4.1.2015)
Ob sich noch manche erinnern können an die Tafel, die auf jedem Hochaltar stand und am Ende jedes Gottesdienstes als „Schlussevangelium“ vorgelesen wurde? Ich selbst habe es nie erlebt, wohl aber diese in besonderer Schrift gedruckte Tafel gesehen – in der Kirchensprache Latein: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Es geht um den absoluten Anfang, die Urquelle allen Seins. Diese Quelle ist Leben und Licht.
Und später heißt es: „ … das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Kurz, klar und unauffällig wird uns diese Nachricht übermittelt. Jede Ausschmückung fehlt: nichts wird von Krippe, von Armut, von Hirten und Engel gesagt und auch nichts von Friede auf Erden und Lobpreis Gottes. Nicht einmal Maria und Josef werden genannt.
Aber das Wesentliche ist da und hier darf kein Wort weggelassen werden. Gott, das Wort, wurde Fleisch und lebte unter uns. Wie unglaublich dieser Satz klingt – damals wie heute. Was könnte Gott verlocken, ein Mensch zu werden, nach all dem, was Gott – in menschlicher Weise gesprochen – schon vom Menschen gesehen und erlebt hatte? Wohl im Tiefsten nur die Sehnsucht, bei denen zu sein, die er uneingeschränkt liebt, mit allem, was sie ausmacht. Liebe will immer beim Geliebten sein.
Gott als Eigentümer der ganzen Schöpfung und daher auch meines Lebens anzuerkennen, ist ein großer Schritt mit Konsequenzen. Diese innere Aufnahme gelang und gelingt nicht allen Menschen. Sie wird erst dann leichter, wenn ich alles Geschenkte mit IHM in Zusammenhang bringe: „Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.“
Vielleicht ist die schmucklose Erinnerung an das Wesentliche immer wieder notwendig. Nicht viele Worte sind entscheidend. Es reicht die dankbare Aussage, dass Gott in menschlicher Gestalt unter uns gewohnt hat und uns erfahren ließ, wer er ist.
Und zugleich ist die schmucklose Erinnerung eine Einladung, die eigene Menschwerdung nicht zu vergessen.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM(Franziskanische Schwestern von der Schmerzhaften Mutter) ist AHS-Lehrerin und in der Pastoral tätig. |
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