Wer Jesus wirklich ist, erkennt man an seinem Weg und nicht an Titeln.
Wer Jesus wirklich ist, erkennt man an seinem Weg und nicht an Titeln.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SS: Evangeliumsauslegung zum 24. Sonntag im Jahreskreis (13.9.2015)
Es klingt vielleicht fast ketzerisch, dieses Wort „Selbstzweifel“ bei Jesus in den Mund zu nehmen.
Und doch glaube ich, dass sein wahres Menschsein auch diese Erfahrung miteinschließt. Im Markusevangelium wird das besonders deutlich. Ziemlich genau die erste Hälfte des Evangeliums zeigt Jesus immer „auf den Weg“ und seine Herkunft als Sohn Gottes wird durch viele Zeichen und Wunder deutlich.
Allerdings liegt ein Schleier über seinem Wesen, niemand erkennt ihn wirklich und das „ganz Neue“, das er bringt und verkörpert. Da ist die Frage Jesu an seine Jünger nur zu verständlich: „Für wen halten mich die Menschen?“
Viel hat er getan, wenig davon haben die Menschen verstanden. Und vielleicht ist noch weniger von seiner Botschaft konkret umgesetzt worden. Es gelingt den Menschen immer nur, das Neue mit alten Erfahrungen zu verknüpfen: Johannes der Täufer, Elija, ein Prophet.
Im Bekenntnis des Petrus haben die Jünger eine gewisse Erkenntnis Jesu erreicht: Jesus ist der erwartete Retter, wie Petrus als ihr Sprecher bekennt. Aber auch hier steht ein Schweigegebot, denn sie haben nicht im Innersten verstanden, wer Jesus ist. Jesus hält nichts von Titeln.
Wer Jesus wirklich ist, erkennt man an seinem Weg und nicht an Titeln. Dass sich im Leiden zeigen soll, wer Jesus ist, nämlich kein König und Herrscher, kein Befreier von der Herrschaft der Römer, sondern ein leidender Sohn Gottes, kann Petrus nicht nachvollziehen. Dass auch Jesus selbst um dieses Verständnis ringen muss, macht die schroffe Zurückweisung des Petrus deutlich.
Nachdem Jesus dieses innere Ja zu seiner Sendung gesagt hat, geht er noch einen Schritt weiter. Er spricht klar an: Nachfolge ist kein Spaziergang, sondern das Teilen seines Lebens, mit all den Auf- und Abs, die auch sein Leben ausmachen. Die Treue zur Botschaft der unbegrenzten und unauslöschbaren, bedingungslosen Liebe ist das einzig entscheidende Kriterium.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM (Franziskanische Schwestern von der Schmerzhaften Mutter) ist AHS-Lehrerin und in der Pastoral tätig.