Wovon rede ich viel? Was beschäftigt mich? Welche Motive leiten mein Verhalten? Sind sie vereinbar mit dem Weg Jesu?
Wovon rede ich viel? Was beschäftigt mich? Welche Motive leiten mein Verhalten? Sind sie vereinbar mit dem Weg Jesu?
Mag. Josef Grünwid: Evangeliumsauslegung zum 25. Sonntag im Jahreskreis (20.9.2015)
Wenn der Evangelist Markus unmittelbar nach der zweiten Leidensankündigung vom Rangstreit der Jünger berichtet, so spricht das Bände.
Das Verhalten der Jünger wirkt geradezu grotesk. Äußerlich begleiten sie Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. Innerlich aber sind sie in eine ganz andere Richtung unterwegs: nicht dienen, sondern herrschen; nicht Hingabe und Erniedrigung, sondern Karriere machen und Erster sein – das beschäftigt sie.
Jesus nachfolgen und gleichzeitig an einer kirchlichen Karriere stricken, schließt sich aus. Leitbild für jedes kirchliche Amt ist das dienende Vorbild Jesu.
Er zeigt uns eine Alternative zu gängigen Lebenszielen und mutet uns eine menschliche und christliche Größe zu, die im Dienen und in der Hingabe besteht. Offen, herzlich, unbefangen, spontan, begeisterungsfähig und dankbar wie Kinder sollen wir sein, wenn wir Jesus nachfolgen wollen.
Ehrgeiz, Durchsetzungsvermögen und Zielstrebigkeit sind nicht von Vornherein etwas Schlechtes. Doch es ist lebenszerstörend, wenn Karriere und Geltungsdrang zum einzigen Lebensinhalt werden.
Umgekehrt gilt es genauso: Wer dienen und demütig sein will, muss nicht automatisch im Geist Jesu handeln. Denn die Gefahr, unter dem Vorwand des Dienens Macht ausüben zu wollen, ist groß.
Stellen wir uns der Jesus-Frage: „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“ Wir wollen in der Spur Jesu gehen, aber „unterwegs“ sind wir immer wieder abgelenkt: beschäftigt mit Eigenentwürfen, gezogen von der Schwerkraft unseres Ich, blockiert von unserem Groß-sein-Wollen.
Wovon rede ich viel? Was beschäftigt mich? Welche Motive leiten mein Verhalten? Sind sie vereinbar mit dem Weg Jesu? Halte ich der Frage des Herrn stand?
Mag. Josef Grünwidl,
seit 1. September 2014 Pfarrer in Perchtoldsdorf.
Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag"