Zwischen Fruchtbarkeit und Wüste spielt sich unser Leben ab, ebenso wie zwischen Bergen und Schluchten. Alles darf zum Weg werden, auf dem uns das Heil geschenkt werden will.
Zwischen Fruchtbarkeit und Wüste spielt sich unser Leben ab, ebenso wie zwischen Bergen und Schluchten. Alles darf zum Weg werden, auf dem uns das Heil geschenkt werden will.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM schreibt über das Evangelium zum 2. Adventsonntag (6.12.2015)
Als ich die ersten Zeilen des heutigen Sonntagsevangeliums las, dachte ich mir: So viele Namen und Daten – wer wird das lesen?
Welche „Normalverbraucher“ interessieren sich für den damaligen römischen Kaiser und die jüdischen Teilherrscher, Stadthalter und Hohenpriester? Das ist eher etwas für Historiker.
Doch dann wurde mir bewusst: Ich stehe ständig im Lauf der Weltgeschichte und natürlich meiner Familiengeschichte. Und dazu kommt meine eigene Lebensgeschichte, die mich geprägt hat und die ich überall hin mitnehme, weil ich mich selbst immer mitnehme. Ich bin die durch meine Geschichte Gewordene.
Ich bin also beständig eingebettet in ein größeres Ganzes. Das ist wohl auch der Sinn der heutigen Schriftlesung.
Nicht im luftleeren Raum tritt Johannes der Täufer mit seinem Ruf zur Umkehr auf. Es ist eine ganz konkrete politische und religiöse Situation, in die er hineinspricht. Die politische Situation verlangte – so wie heute – dringend eine neue Sichtweise, aber auch das Leben jedes einzelnen Menschen und zwar ausnahmslos.
Zu jeder Zeit ruft Gott Menschen und gibt ihnen die Kraft, auch unangenehme, herausfordernde und aufrüttelnde Botschaften auszusprechen. Aber auch an jedem Ort soll die Botschaft ankommen – sowohl in der fruchtbaren Jordangegend als auch in der Wüste.
Zwischen Fruchtbarkeit und Wüste spielt sich unser Leben ab, ebenso wie zwischen Bergen und Schluchten. Alles darf zum Weg werden, auf dem uns das Heil geschenkt werden will.
Zwei Dinge habe ich von dieser Textstelle gelernt: ich kann und brauche nichts überspringen, auch nicht meine Geschichte.
Und: es braucht Geduld, um die eigentliche Botschaft zu entschlüsseln, nämlich mein Leben als Weg, auf dem mir Gottes Heil begegnen möchte.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM (Franziskanische Schwestern von der Schmerzhaften Mutter) ist AHS-Lehrerin und in der Pastoral tätig.
Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag"