Am Anfang eines Glaubensweges, einer Jüngerschaft, steht die (manchmal) umwerfende Erfahrung der Größe Gottes und die Bereitschaft, sich darauf einzulassen.
Am Anfang eines Glaubensweges, einer Jüngerschaft, steht die (manchmal) umwerfende Erfahrung der Größe Gottes und die Bereitschaft, sich darauf einzulassen.
Generalvikar Nikolaus Krasa schreibt über das Evangelium zum 5. Sonntag im Jahreskreis (7.2.2016)
Das gute katholische schlechte Gewissen. Es begegnet uns allenthalben in sogenannten Meditationstexten, in manchem geistlichen Lied, in selbst getexteten Gebeten, in vermeintlichen Kyrie-Rufen: „Wir sind so schlecht. Du, Herr bist so gut, erbarme dich unser.“
Das leise Gruseln des guten katholischen schlechten Gewissens scheint eine durchaus populäre Haltung zu sein. Es scheint so als ob Petrus genau in dieses Verhaltensmuster passte… ein bisschen schlechtes Gewissen, der Anweisung Jesu, jetzt mitten am Tage nochmals fischen zu gehen, anfänglich nicht ganz getraut zu haben.
Die Reaktion des Petrus überrascht dann allerdings doch. Wegen etwas schlechten Gewissens niederzufallen und sich generell als Sünder zu titulieren ist wohl etwas überzogen.
Der Grund dieser dramatischen Reaktion muss also ein anderer sein als „ich bin nicht so gut wie ich sein sollte, aber ein bisschen gut bin ich schon“.
Das Niederfallen des Petrus ist entscheidend für das was im heutigen Evangelium passiert, mehr noch, ist entscheidend für den zukünftigen Weg des Petrus als Menschenfischer, wie Jesus ihn nennt.
Die Berufungsvision des Jesaia, die heutige erste Lesung hat das biblisch vorbereitet.
Der Mensch Jesaia erfährt in dieser Vision die umwerfende Nähe und Größe Gottes. Umwerfend – daher auch seine Reaktion: er fällt nieder.
Im Blick auf das Evangelium: in der Predigt Jesu, im Auftrag nochmals zu fischen und im überreichen Fang erlebt Petrus die umwerfende Nähe und Größe Gottes.
Und er reagiert adäquat, wie Jesaia mit einem Zeichen des Erschreckens, des Erstaunens, der Ehrfurcht.
Dem entspricht die Anrede Jesu durch Petrus. Am Beginn des Evangelienabschnittes nennt ihn Simon in einer nur bei Lukas verwendeten Anrede „Meister“ (wörtlich eigentlich „Chef“).
Nach dem Fischfang heißt die Anrede „kyrios“ („Herr“). „Kyrios“ - das ist jenes Wort, das in der damals schon existierenden griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, der Septuaginta, für den Gottesnamen steht. (Wir verwenden diese griechische Anrede in der Liturgie beim Kyrie Eleison).
Nochmals: ähnlich wie später bei der Verklärung erkennt, erahnt Petrus, wer ihm in Jesus gegenübersteht: der große, umwerfend große, Gott.
Das „Schulbuch“ der Bibel, das Buch der Sprichwörter, beginnt mit einer These: „timor domini initium sapientiæ - die Gottesfurcht ist Anfang der Weisheit“.
Am Anfang eines Glaubensweges, einer Jüngerschaft, steht die (manchmal) umwerfende Erfahrung der Größe Gottes und die Bereitschaft, sich darauf einzulassen.
Lic. Dr. Nikolaus Krasa
ist Generalvikar der Erzdiözese Wien und
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