Zum Glück gibt es aber den Weingärtner, der für mich eintritt und mir wieder eine neue Chance gibt und nochmals alles versucht, dass ich die / der werden kann, die / der ich bin. Nur das ist die Frucht, die Jesus verlangt.
Zum Glück gibt es aber den Weingärtner, der für mich eintritt und mir wieder eine neue Chance gibt und nochmals alles versucht, dass ich die / der werden kann, die / der ich bin. Nur das ist die Frucht, die Jesus verlangt.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM schreibt in "Der SONNTAG" über das Evangelium zum 3. Fastensonntag (28.2.2016)
„Politiker lässt Gläubige abschlachten!“– So könnte eine Schlagzeile im wahrsten Sinn des Wortes in unseren Zeitungen lauten.
Eine grausige Geschichte, die Jesus berichtet wird. Aber er hört nicht nur schweigend zu, sondern legt noch ein Schäuflein nach: „18 Personen vom Turm erschlagen!“
Und dann noch eine deutliche Ergänzung von seiner Seite, die ausspricht, was viele Gläubige damals dachten: So ein Schicksal kann nur die Folge der Sünde sein.
Jesus verleugnet dies nicht, aber ergänzt es: „Diese Menschen waren Sünder, aber nicht nur sie.“
Gedanken steigen auf: „Ja, sie werden schon ihren Beitrag zu ihrem Schicksal geleistet haben. Jeder ist seines Glückes Schmied.“ – Fremd ist mir diese Haltung nicht.
Wie wenn Jesus meine Gedanken lesen könnte: „So schlimm wie diese bin ich doch nicht …“ Oft lebe ich im Vergleich mit anderen, wenn ich es auch nicht ausspreche. Im Inneren vergleiche ich und hoffe, besser auszusteigen als die oder der andere.
Jesu Botschaft ist eindeutig: Ja, sie waren alle Sünder – aber nicht nur sie. Horrorgeschichten weitererzählen ist zu wenig. Das Vergleichen mit anderen bringt nichts.
Ich selbst bin unvertretbar gefordert und zwar in doppelter Hinsicht: Ich muss meine Begrenztheit und Schuldhaftigkeit eingestehen, ohne mit anderen zu vergleichen, und ich muss umkehren. Sonst wird sich der Kreislauf von Gewalt und Katastrophen unausweichlich wiederholen.
Das anschließende Gleichnis gibt mir Hoffnung: Ein Feigenbaum im Weinberg, einem Symbol von Fruchtbarkeit und Lebensfülle. Mehr als alles Lebensnotwendige ist da. Das Frucht-Bringen sollte eigentlich selbstverständlich sein.
Und doch ist die Realität anders – wie bei mir. Ich habe alles, was ich zum Wachstum brauche und doch bleibt die Frucht aus.
Der Eigentümer des Weinbergs erinnert mich an die Wirtschaft, die in begrenzter Zeit Gewinne erzielen muss.
Zum Glück gibt es aber den Weingärtner, der für mich eintritt und mir wieder eine neue Chance gibt und nochmals alles versucht, dass ich die / der werden kann, die / der ich bin. Nur das ist die Frucht, die Jesus verlangt.
Sr. Lic. Gudrun Schellner SSM (Franziskanische Schwestern von der Schmerzhaften Mutter) ist AHS-Lehrerin und in der Pastoral tätig.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien