Jesus, dem guten Hirten folgen, heißt auch, selber immer mehr zu einem Hirten werden. Aufgetragen ist uns die Sorge für unsere Schwestern und Brüder, dazu auch der hütende und bewahrende Umgang mit der ganzen Schöpfung.
Jesus, dem guten Hirten folgen, heißt auch, selber immer mehr zu einem Hirten werden. Aufgetragen ist uns die Sorge für unsere Schwestern und Brüder, dazu auch der hütende und bewahrende Umgang mit der ganzen Schöpfung.
Mag. Josef Grünwidl schreibt im "SONNTAG" zum Evangelium zum 44. Sonntag der Osterzeit (17.4.2016)
Manche reagieren allergisch auf das Gleichnis vom guten Hirten. Sie verwehren sich dagegen, ein dummes Kirchenschaf zu sein, bevormundet und gegängelt zu werden.
Mir bereitet es keine Schwierigkeiten, mich als Schaf in der großen Herde des guten Hirten zu sehen.
Im Gegenteil: Jesus nachgehen und von ihm geführt werden, seine Stimme klar erkennen und mit ihm vertraut sein, auf ihn hören und ihm gehorchen, dazugehören und beschützt werden – das sind Wünsche und Ziele, die ich als Christ habe.
Der Hirte, von dem das Johannesevangelium erzählt, ist kein Tiroler Hüterbub auf der Alm.
Was ein guter Hirt leistet, können wir erahnen, wenn wir 1 Samuel 17, 34f lesen.
Bevor der junge David in den Kampf gegen den Philister zog, verwies er auf seine Hirtenerfahrung und erzählte, dass er Löwen und Bären Schafe entrissen und die Raubtiere erschlagen hatte, um seine Herde zu schützen.
Wenn also Jesus als guter Hirt bezeichnet wird, hat das nichts mit Schäferromantik, sondern mit einem Kampf auf Leben und Tod zu tun. Niemand kann Christus ein Schaf entreißen, auch nicht der Tod.
Dazu kommt eine politische Komponente. Die Könige der Assyrer, die ägyptischen Pharaonen und auch die Könige Israels haben sich gern den Ehrentitel „Hirte des Volkes“ zugelegt.
Wenn Jesus von sich sagt: „Ich bin der gute Hirt!“, dann ist das auch eine klare Abgrenzung zu anderen angeblichen Hirten, denen es oft mehr um eigene Vorteile als um das Wohl der Herde ging und geht.
In der Herde Christi gibt es keine Schafsköpfe, sondern nur von Gott geliebte, berufene und geistbegabte Menschen.
Jesus, dem guten Hirten folgen, heißt auch, selber immer mehr zu einem Hirten werden. Aufgetragen ist uns die Sorge für unsere Schwestern und Brüder, dazu auch der hütende und bewahrende Umgang mit der ganzen Schöpfung.
Vielleicht ist das heute die wichtigste Botschaft des Gleichnisses vom guten Hirten.
Mag. Josef Grünwidl,
seit 1. September 2014 Pfarrer in Perchtoldsdorf.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien