Das Kreisen der Gedanken um die Habe und ihre Mehrung, ist eine fatale Verblendung: „Denn auch mitten im Überfluss ist das Leben eines Menschen nicht durch seine Güter gesichert“ (Vers 15, Jerusalemer Bibel).
Das Kreisen der Gedanken um die Habe und ihre Mehrung, ist eine fatale Verblendung: „Denn auch mitten im Überfluss ist das Leben eines Menschen nicht durch seine Güter gesichert“ (Vers 15, Jerusalemer Bibel).
Dr. Marianne Schlosser schreibt zum Evangelium zum 18. Sonntag im Jahreskreis (31.7.2016)
Dass sich Familien über einem Erbe zerstreiten, kommt leider vor. In der Eingangsszene des heutigen Evangeliums wendet sich jemand in einer solchen Sache an Jesus als moralische Autorität („Meister…“). Er wagte es vermutlich, weil er sich im Recht fühlte.
Doch Jesus weist das Ansinnen geradezu schroff zurück. Nicht, weil ihm Recht und Gerechtigkeit unter Menschen gleichgültig wären, sondern um eine eindringliche Warnung zu geben – nicht nur an den Bittsteller, sondern an alle Umstehenden:
Die Habsucht, das Kreisen der Gedanken um die Habe und ihre Mehrung, ist eine fatale Verblendung: „Denn auch mitten im Überfluss ist das Leben eines Menschen nicht durch seine Güter gesichert“ (Vers 15, Jerusalemer Bibel).
Die folgende Erzählung von jenem „reichen Menschen“, der so viel hatte, dass er nichts mehr aufnehmen konnte, dem aber nicht in den Sinn kam, etwas an Andere wegzugeben, kann man gewiss auch als Brandmarkung des krassen Egoismus lesen (Basilius).
Dieses Thema, das Verhältnis von Besitz und Nächstenliebe, wird im Evangelium des kommenden Sonntags aufgenommen werden.
Im heutigen Abschnitt liegt jedoch das Gewicht auf der unglaublichen Blindheit des Habgierigen: Er hat viel überlegt, aber in Gottes Urteil ist er „ohne Verstand“ (griech.: a-phron). Denn jeder Mensch weiß doch im Grunde, dass auch der größte Reichtum dem „Leben“ (griech.: „Seele“ – psyche) nicht dauerhaft Bestand verleihen kann.
Niemand weiß, wie lange sein irdisches Leben noch währt.
Wir alle, Einzelne wie Gemeinschaften, sind täglich herausgefordert zu planen und vorzusorgen. Welches ist die rechte Weise?
Das Evangelium und die 2. Lesung benennen unmissverständlich die gefahrvolle Eigendynamik des Mehr-Haben-Wollens: Es bindet den Menschen an die Erde, macht ihm vor, er sei hier zu Hause. Daher wird die Habgier „Götzendienst“ genannt: Die irdischen Dinge werden zum geheimen oder offenkundigen Zentrum, und der Mensch ihr Sklave.
Doch der Mensch ist auf Gott hin geschaffen, „und was wir nicht mitnehmen können aus dieser Welt, ist nicht unser“. (Ambrosius)
Universitätsprofessorin für Theologie der Spiritualität an der Uni Wien. 2014 wurde sie von Papst Franziskus in die internationale Theologenkommission in Rom berufen.
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