Die enge Tür steht nicht erst am Ende meines irdischen Weges. Heute steht sie da. Heute kann ich dieser Tür ausweichen oder versuchen sie zu durchschreiten.
Die enge Tür steht nicht erst am Ende meines irdischen Weges. Heute steht sie da. Heute kann ich dieser Tür ausweichen oder versuchen sie zu durchschreiten.
Mag. Josef Grünwidl schreibt im "SONNTAG" zum Evangelium zum 21. Sonntag im Jahreskreis (21.8.2016)
Die zur Zeit Jesu herrschende Lehre der Pharisäer ging davon aus, dass alle Glieder des auserwählten Volkes am künftigen Reich Gottes teilhaben werden.
Das apokalyptische Judentum dachte pessimistischer und meinte, es werden nur wenige sein.
Jesus nennt keine Zahlen, macht aber mit dem Bildwort von der engen Tür deutlich, dass es um ein entschiedenes Bemühen und ein Ringen geht.
Was genau die enge Tür ist, darüber kann man spekulieren. Enge macht Angst: Angst, nicht in den Himmel zu kommen. Angst, dass es am Ende doch nicht reichen wird. Angst jedoch ist immer ein schlechter Ratgeber.
Jesus will uns mit der engen Tür sicher nicht Angst machen, sondern zum entschlossenen Handeln ermutigen. Er betont ja, dass die Tür offen steht und dass alle Menschen eingeladen sind, durch sie ins Reich Gottes einzutreten.
Dabei gibt es kein Privileg hinsichtlich volksmäßiger Verbundenheit oder durch die Berufung auf alte Bekanntschaften. Erste werden Letzte sein.
Wir werden aus dem Staunen gar nicht herauskommen, wer aller zu Tische sitzt im Reich Gottes!
Die „enge Tür“ ist für mich nicht einfach die Himmelstür. Denn die enge Tür steht nicht erst am Ende meines irdischen Weges.
Heute steht sie da. Heute kann ich dieser Tür ausweichen und bequem daran vorbeigehen. Oder ich kann mit allen Kräften versuchen, sie zu durchschreiten. Der Aufwand aller Kräfte ist nicht deshalb notwendig, weil dort so ein Gedränge wäre oder ich meine Ellbogen einsetzen müsste.
Was drängt, ist die Zeit. Kein Mensch weiß, wie lange ihm die Tür offensteht, wie viel Zeit er hat.
Die enge Tür ist für mich auch eine Einladung und Mahnung, nicht mit der Masse mit zu schwimmen, sondern meinen schmalen, ganz persönlichen Weg zu gehen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und meine Zeit gut zu nutzen.
Die enge Tür ist die konkret gelebte Liebe. Wer versucht, mit allen Kräften Tag für Tag durch diese Tür zu gehen und ihr nicht auszuweichen, wird gerettet.
Mag. Josef Grünwidl,
seit 1. September 2014 Pfarrer in Perchtoldsdorf.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien