Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten was verloren ist (Lk 19,10).
Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten was verloren ist (Lk 19,10).
Dr. Jacob Osundu Nwabor schreibt zum Evangelium zum 31. Sonntag im Jahreskreis (30.10.2016)
Die Geschichte der Begegnung Jesu mit dem Zollpächter Zachäus ist für mich neben der des verlorenen Sohnes eine der faszinierendsten Erzählungen über die Barmherzigkeit Gottes im Lukasevangelium.
Schon als Volkschulkind lernte ich in der Sonntag-Bibelklasse die Geschichte vom kleinen reichen Mann aus Jericho. Es gibt in meiner Muttersprache sogar ein Lied dazu. Die Gegensätze von Reichtum und zugleich geringer Körpergröße machen die Geschichte spannend.
Viele Menschen waren damals aus verschiedenen Gründen neugierig auf Jesus. Manche kamen, um von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Andere wollten einfach nur mit eigenen Augen sehen, ob all das stimmt, was von ihm erzählt wurde. Zachäus war einer von ihnen. Da er klein war, kletterte er wie ein Kind auf einen Feigenbaum. So groß war die Sehnsucht dieses Mannes aus Jericho.
Jesus kam zu der Stelle, blickte auf zu ihm und rief, „Zachäus, komm schnell herunter….“(Lk 19,5).
Das kam überraschend und in diesem Moment musste er eine Entscheidung für sein weiteres Leben treffen.
Der unbeliebte und verachtete reiche Mann, in den Augen des Volkes ein Verräter, dessen Name Zachäus (hebr: rein) schon ein Widerspruch war, steht plötzlich in der Mitte des Tagesprogrammes Jesu.
Natürlich empörten sich die Leute, denen Zachäus als öffentlicher Sünder bekannt war.
Es bleibt ein unerklärliches Geheimnis, warum die frommen Menschen um Jesus dessen Umgang mit Menschen im Abseits nie verstanden haben.
Aber in der heiligen Schrift gibt es viele ähnliche Beispiele: sei es Abraham, der Lügner; Mose, der Mörder; David, der Ehebrecher; Rahab, die Prostituierte; Paulus, der Mörder; Maria von Magdala usw.
Jesus Christus kennt jede Seele, die sich nach ihm sehnt, und sei die Menschenmenge noch so groß. Und wenn er zu ihr aufblickt, gelingt die Wende. Das hat Zachäus erfahren und beginnt daraufhin den Dienst für die Armen und Unterdrückten. Das ist Umkehr!
Es ist wirklich Gott, der uns sucht und wer sich finden lässt, der wird gerettet. Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten was verloren ist (Lk 19,10).
Wir müssen auf den Baum klettern, um uns auffindbar zu machen. Wir müssen uns die Mühe geben und einige Kraft anwenden, um Jesus begegnen zu können.
Das geschieht, wenn wir bereit sind, unabhängig von Hab und Gut aus dem gewohnten Bahnen auszubrechen. Ich stehe an der Tür und klopfe, heißt es im Buch der Offenbarung, wenn einer meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, werde ich zu ihm kommen (Off. 3,20).
Philiosoph Carl Friedrich von Weizsäcker drückt unsere Aufgabe als Kirche sehr schön aus: „Die Kirche hat nicht den Auftrag die Welt zu verändern. Wenn sie aber ihren Auftrag erfüllt, verändert sie die Welt“.
In einer liebevollen und behutsamen Art gab Jesus Zachäus die Chance zur eigenen Veränderung. Das ist die Botschaft der Barmherzigkeit Gottes, die wir alle erfahren haben und die wir weiter geben sollen, vor allem heute!
Dr. Jacob Osundu Nwabor
ist Moderator in den Pfarren Drasenhofen, Kleinschweinbarth, Ottenthal, Stützenhofen und Schrattenberg.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien