Gott wird am Ende zeigen, wer und wie er ist!
Gott wird am Ende zeigen, wer und wie er ist!
Mag. Josef Grünwidl schreibt im SONNTAG zum Evangelium zum 33. Sonntag im Jahreskreis (13.11.2016)
Im Jahr 66 n.Chr. brach in Judäa ein Aufstand gegen die römische Besatzung aus, der zum sogenannten Jüdischen Krieg führte. Im Jahr 70 gelang es den Römern, Jerusalem einzunehmen und den Tempel zu zerstören. Der Tempelschmuck und die Bundeslade wurden nach Rom gebracht. Damit war das religiöse Zentrum des Volkes Israel zerstört.
Auf diese Katastrophe nimmt unser Evangelium Bezug. In dunkler Zeit zündet Lukas mit der großen Endzeitrede des Herrn (Kap. 21,5-36) ein Hoffnungslicht an. Die prophetische Schau der völligen Zerstörung des Tempels betrifft die für die damaligen Leser – Christen der dritten Generation – aller Wahrscheinlichkeit nach schon zurückliegende Katastrophe. Sie wird als Gericht gedeutet. Apokalyptische Bilder kündigen das Kommen des Menschensohnes an: Kriege, Unruhen, Seuchen, Hungersnöte und Naturkatastrophen.
Die Warnung des Herrn vor falscher Naherwartung gewinnt im Zusammenhang mit dem Jahr 70 ein besonderes Gewicht. Denn das Ende der Welt trat eben nicht mit der Zerstörung Jerusalems ein, wie damals viele befürchtet hatten. Der Lauf der Geschichte ging weiter bis heute: Katastrophen, Kriege, Verfolgung, falsche Propheten, …
Ziel der Endzeitrede ist weder Weltuntergangsstimmung noch Fatalismus und ganz sicher nicht das Schüren von Angst. Vielmehr heißt die Zielrichtung der frohen Botschaft für uns: Die Angst vor realen und gefühlten Bedrohungen, vor Katastrophen und Anschlägen, vor Krieg und Terror, vor Fremden und einer unsicheren Zukunft soll uns nicht gefangen nehmen und blockieren.
Als gläubige Menschen sind wir berufen, uns nicht von unseren Ängsten, sondern von der Hoffnung auf Jesus Christus leiten zu lassen. Freilich ist das eine Hoffnung, die manchmal über unsere Kräfte gehen und uns alles abverlangen kann. Doch die christliche Hoffnung ist auch entlastend, denn sie erwartet nicht alles von uns, sondern von Gott, der sogar aus unserem Ende und aus dem Ende der Welt neues Leben und Vollendung schaffen wird.
Enthüllen, den Schleier wegnehmen, sich offenbaren – das bedeutet der griechische Begriff „Apokalypse“. Gott wird am Ende zeigen, wer und wie er ist! Darum sind apokalyptische Texte der Bibel immer Evangelium: Froh- und Trostbotschaft. Halleluja!
Mag. Josef Grünwidl,
seit 1. September 2014 Pfarrer in Perchtoldsdorf.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien