Christus begegnet mir im heutigen Evangelium nicht als siegreicher König im Triumphzug, sondern als erbärmlich Geschundener an einen Pfahl genagelt.
Christus begegnet mir im heutigen Evangelium nicht als siegreicher König im Triumphzug, sondern als erbärmlich Geschundener an einen Pfahl genagelt.
Beate Mayrhofer-Schöpf schreibt zum Evangelium am Christkönigssonntag (20.11.2016)
Vielleicht haben Sie auch schon diese rosa Hemdchen für kleine Mädchen gesehen, auf denen das Wort „Prinzessin“ aufgedruckt ist. Neu war mir diese Variante: Da stand auf der Vorderseite des T-Shirts „Prinzessin“ und auf der Rückseite: „Mein Vater ist König der ganzen Welt“. Erst auf den zweiten Blick habe ich erkannt, dass es sich dabei um eine christliche Botschaft handelt: „Gott ist mein König von alters her, Taten des Heils vollbringt er auf Erden“ (Ps 74,12), bete ich etwa mit den Psalmen.
Irritiert habe ich mich gefragt: Bin auch ich eine Prinzessin? Ja, mindestens seit der Taufe – da wurde ich mit Chrisam gesalbt mit den Worten: „damit du für immer ein Glied Christi bleibst, der Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit“. Da meldeten sich in mir Zweifel: Lebe ich wirklich in dem Bewusstsein, dass ich königlicher Herkunft bin? Da war ich mir nicht mehr so sicher. Was für ein König ist Christus eigentlich? Und was sagt das über meine königliche Würde aus?
Christus begegnet mir im heutigen Evangelium nicht als siegreicher König im Triumphzug, sondern als erbärmlich Geschundener an einen Pfahl genagelt. Ohnmacht, Spott und Erniedrigung statt Machtfülle, Herrlichkeit und Prunk. Er litt starke körperliche Qual, wurde zur Schau gestellt, hat Spott und Erniedrigung hingenommen – und dennoch seine Würde bewahrt. Denn diese königliche Würde kommt von Gott, seinem Vater. Sie kann nicht von Menschen zerstört werden, weil sie nicht von Menschen gemacht ist. Das ist zugleich Jesu Verheißung an uns: „Auch du bist von Gott mit einer königlichen Würde beschenkt. Die kannst du nicht verdienen und nicht verlieren. Die kann dir niemand nehmen!“ Diese Zusage trägt mich gerade da, wo ich nicht respektiert werde, wo ich schwach und verletzt bin, wo ich verspottet und ungerecht verurteilt werde.
Dieser König ist anders als die herrschenden Mächtigen, die wir kennen. Er dient, statt sich bedienen zu lassen. Er lässt sich töten, statt Todesurteile anderer zu unterzeichnen. Er vergibt, statt seine Faust zum Gegenschlag zu ballen. Solch einen König kann ich verspotten wie der mitgekreuzigte Verbrecher: „Dann hilf dir selbst!“ Oder ich kann ihn wie der andere im Vertrauen bitten: „Jesus denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“
... und vor allem kann ich so werden wie er: mit königlicher Würde dienend, vergebend, vertrauend.
Dr. Beate Mayerhofer-Schöpf
leitet im Pastoralamt der Erzdiözese Wien das „Referat für Spiritualität“.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien