Die Zustimmung des einfachen Mannes aus Galiläa hat ein neues Vorbild für männliches und menschliches Handeln aufgestellt.
Die Zustimmung des einfachen Mannes aus Galiläa hat ein neues Vorbild für männliches und menschliches Handeln aufgestellt.
Dr. Ingeborg Gabriel schreibt zum Evangelium zum 4. Adventsonntag (18.12.2016)
Wussten Sie, dass es nicht nur eine, sondern zwei Verkündigungsgeschichten gibt? Die meisten kennen jene an Maria. Das heutige Evangelium bringt jedoch eine zweite, weniger bekannte, doch nicht weniger bedeutsame: die Verkündigung an Josef. Sein JA, das es ebenso brauchte, damit das Kind Jesus zur Welt kommen konnte.
Wenn wir seine Lage ganz unsentimental betrachten, ist dieses JA nicht weniger schwierig. Seine Verlobte ist schwanger, aber nicht von ihm. Das war – damals noch mehr als heute – ein riesiger Skandal. Josef überlegt hin und her, was er tun soll. Er will keine öffentliche Szene machen. Um die Sache halbwegs ins Lot zu bringen, müsste der Andere das Kind anerkennen. Josef beschließt also, sich in aller Stille von Maria zu trennen. Das Evangelium nennt ihn deshalb gerecht.
Das meint mehr als wir üblicherweise darunter verstehen: Josef fällt kein moralisches Urteil. Er überwindet seinen gekränkten männlichen Stolz und erträgt ohne Aufsehen Unrecht und Schmerz. Das ist seine menschliche Größe.
Erst dann erscheint ihm im Traum der Engel, spricht ihn mit Namen an und fordert ihn auf, den Mut zu haben, Maria als seine Frau zu sich zu nehmen, „denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist“.
Welch völlig unerwartete Wendung! Sie fordert von Josef einen atemberaubend starken Glauben. Doch die Zustimmung des einfachen Mannes aus Galiläa hat – zusammen mit jener Marias – die Welt zutiefst verändert. Sie hat sie neu auf Gott hin ausgerichtet. Und sie hat ein neues Vorbild für männliches und menschliches Handeln aufgestellt.
Wo sind meine Selbstüberwindung und Zustimmung gefordert, damit der rettende Gott heute in die von Unheil geschüttelte Welt kommen kann?
Dr. Ingeborg Gabriel
ist Universitätsprofessorin und leitet das Fach Sozialethik an der Universität Wien.