Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! (Mk 5,34)
Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! (Mk 5,34)
Gregor Jansen schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" seine Gedanken zum Evangelium zum 13. Sonntag im Jahreskreis (1.7.2018)
vom 13. Sonntag im Jahreskreis; Markus 5, 21-43
Als ich vor ziemlich genau 28 Jahren in der Griechisch-Prüfungsklausur an der Universität Bonn schwitzte, war mir nicht bewusst, dass die damals von meinem Professor ausgewählte Perikope von der blutflüssigen Frau, die im heutigen Evangelium mit der Geschichte von der Totenerweckung der Tochter des Synagogenvorstehers verwoben ist, mich Jahre später noch intensiv begleiten würde.
Denn in der Vorbereitungsphase zur Eröffnung der Jugendkirche Wien suchten wir eine passende Bibelstelle, die unseren innovativen Ansatz der Jugendpastoral gut illustrieren könnte. Und da kamen wir auf das Bild des „Gewandsaums“ Jesu, durch dessen Berührung die kranke Frau im Evangelium Heilung erfährt.
Eine gute christliche Gemeinschaft ist so etwas wie der Saum des Gewandes Jesu, der Menschen in Berührung mit dem Heil bringt.
Ob dies eine einmalige Begegnung war – das Evangelium berichtet uns nichts vom weiteren Leben der Frau – oder ob diese Begegnung der Beginn einer Bekehrung und einer Glaubensgeschichte war, wissen wir nicht. Aber eine solche Berührung kann der Auslöser einer Lebenswende sein. Dabei fasziniert mich, dass die Heilungskräfte von Jesus noch nicht einmal gezielt eingesetzt wurden.
Die Heilsmitteilung geschieht einfach. Unerwartet und spontan. Solche gelingende und berührende Begegnungen mit dem Heiligen geschehen dort, wo Menschen bereit sind, ihren Glauben zu teilen und sich dabei „in’s offene Herz schauen“ lassen.
Das Evangelium berichtet genau genommen von zwei Totenerweckungen: Denn auch die seit 12 Jahren an Blutungen leidende Frau gilt eigentlich als unberührbar, ist sozial geächtet.
Nach dem alttestamentlichen Gesetz galt eine Frau durch die Regelblutung als kultisch unrein und musste sich einem Reinigungsbad unterziehen. In diesem Fall, wo die Blutungen nicht aufhörten, galt die betroffene Frau für den Rest ihres Lebens als unrein, ähnlich einem Aussätzigen.
Diese eigentlich ausgestoßene Frau ermächtigt sich jedoch selbst und ergreift in einem unbeobachteten Moment das Gewand Jesu. Und die Begegnung mit Jesus durch das Medium des Gewandsaums führt die Frau in die Gesellschaft zurück und schenkt ihr neues Leben.
So stelle ich mir Kirche vor: Berührend, annehmend, ins Leben führend. Und oft geschieht das unintendiert, scheinbar „zufällig“ und ganz diskret.
Ein Lied von Albert Frey „Jesus berühre mich“ haben wir in der Jugendkirche oft gesungen: „Nur den Saum deines Gewandes einen Augenblick berühr’n und die Kraft, die von dir ausgeht tief in meinem Innern spür‘n … Jesus, berühre mich, hole mich ab, öffne die Tür für mich“.
nach Markus 5,21-43
In jener Zeit fuhr Jesus im Boot wieder ans andere Ufer hinüber, und eine große Menschenmenge versammelte sich um ihn. Während er noch am See war, kam ein Synagogenvorsteher namens Jaïrus zu ihm.
Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an; er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird und am Leben bleibt.
Da ging Jesus mit ihm. Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn.
Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt. Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden.
Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt. Sofort hörte die Blutung auf, und sie spürte deutlich, dass sie von ihrem Leiden geheilt war.
Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt? Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt? Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte.
Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit.
Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein.
Während Jesus noch redete, kamen Leute, die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten, und sagten (zu Jaïrus): Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger?
Jesus, der diese Worte gehört hatte, sagte zu dem Synagogenvorsteher: Sei ohne Furcht; glaube nur! Und er ließ keinen mitkommen außer Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus. Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers.
Als Jesus den Lärm bemerkte und hörte, wie die Leute laut weinten und jammerten, trat er ein und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur. Da lachten sie ihn aus. Er aber schickte alle hinaus und nahm außer seinen Begleitern nur die Eltern mit in den Raum, in dem das Kind lag.
Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Talita kum!, das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Sofort stand das Mädchen auf und ging umher. Es war zwölf Jahre alt. Die Leute gerieten außer sich vor Entsetzen.
Doch er schärfte ihnen ein, niemand dürfe etwas davon erfahren; dann sagte er, man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.
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Dr. Gregor Jansen ist nach 10 Jahren bei der Jugendkirche Wien seit 2013 Moderator der Pfarre Breitenfeld.
Wir bieten hier den Pfarren die Seiten des SONNTAG mit den Schriftstellen und dem Evangeliumskommentar zum Ausdruck als *pdf an.
die Zeitung der Erzdiözese Wien
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E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at