Gesetze einhalten alleine genügt nicht. Es braucht ethisch handelnde und fühlende Menschen, die die Kunst der Innerlichkeit und Menschlichkeit verstehen.
Gesetze einhalten alleine genügt nicht. Es braucht ethisch handelnde und fühlende Menschen, die die Kunst der Innerlichkeit und Menschlichkeit verstehen.
Dr. Ingeborg Gabriel schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" zum Evangelium zum 22. Sonntag im Jahreskreis (2.9.2018)
(zum Evangelium zum 22. Sonntag im Jahreskreis, Markus 7,1-8. 14-15. 21-23)
Offenkundig geht es hier nicht darum, einer Vernachlässigung der Hygiene das Wort zu reden. Jesus spitzt vielmehr Wesentliches zu: Innere Reinheit und Lauterkeit sind wichtiger als Äußerlichkeiten. Menschen haben immer und überall die Tendenz, Äußeres ernster zu nehmen als die Unordnung im eigenen Inneren. Dies ehrlich und selbstkritisch unter die Lupe zu nehmen, dazu ruft das Evangelium auf.
Dieser Evangeliums–text ist, wie andere Schimpfreden Jesu gegen Pharisäer und Rechtsgelehrte, schwere Kost. Dieser Jesus des Markus hat mit dem „lieben Jesulein“, wie wir es uns gerne ausmalen, nichts, ja gar nichts zu tun.
Im ältesten der Evangelien ist Jesus ein eher rauer Prophet, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt und der den Menschen seiner Zeit schonungslos den Spiegel vorhält.
Detaillierte Regeln einhalten genügt Gott nicht. Ohne inneren Anstand und Rechtschaffenheit ist das alles sinnlos. Nicht auf die äußere sondern auf die innere Ordnung kommt es an. Das alles klingt hat.
Sieht man sich heute um, ahnt man freilich, wie Recht Jesus hatte. Der Hass auf andere (vor allem im Netz) wächst epidemisch. Eine zunehmende Gereiztheit allem und jedem gegenüber macht das Leben schwer.
Wieviel Mist ist da, wieviel sinnlose Wut, wie viel Schädliches und Böses, das alles drin im Menschen steckt. Und nicht nur in den Anderen. Auch in mir.
Gut-Werden verlangt einen lebenslangen Prozess der Selbsterziehung. Moral kann man nicht auslagern: Andere sollen gut sein, sich an die Regeln halten usw.
Zuerst geht es um mein eigenes Inneres. Dieser ehrliche Blick auf sich selbst ist nicht leicht. Besonders wenn die Angst vor einem kleinlichen und tyrannischen Gott ihn erschwert. Doch in allen Kulturen ist die Kunst, sich selbst realistisch zu sehen, Inbegriff menschlicher Weisheit.
Wenn diese Fähigkeit zur Innenschau wegbricht oder vernachlässigt wird, schießt das Üble ins Kraut. Bei mir wie bei anderen.
Menschen brauchen Regeln. Dem heutigen Evangelium ist deshalb auch ein Text aus dem Buch Deuternonomium vorangestellt. In ihm wird das Gesetz gerühmt als Inbegriff der Weisheit Israels vor allen anderen Völkern.
Doch Gesetze allein genügen nicht. Mehr noch braucht es ethisch handelnde und fühlende Menschen, die die Kunst der Innerlichkeit und Menschlichkeit verstehen. Es braucht beides: eine äußere wie eine innere Ordnung.
Jesus will uns klarmachen, dass die innere wichtiger ist und wir dafür verantwortlich sind.
nach Markus 7, 1-8. 14-15. 21-23
In jener Zeit hielten sich die Pharisäer und einige Schrift-gelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, bei Jesus auf. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen.
Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.
Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.
Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte:
Hört mir alle zu und begreift, was ich sage: Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.
All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.
zur Person:

Dr. Ingeborg Gabriel
ist Universitätsprofessorin und leitet das Fach Sozialethik an der Universität Wien.
"Das Wort zur Schrift" - Gedanken zum Evangelium

Kardinals Gedanken zum Evangelium
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