Ich kann Jesus nur immer wieder bitten, an mir und uns allen das zu tun, was er an dem Taubstummen getan hat: „Berühre meine Ohren, meinen Mund und mein Herz, damit ich mich öffnen kann.“
Ich kann Jesus nur immer wieder bitten, an mir und uns allen das zu tun, was er an dem Taubstummen getan hat: „Berühre meine Ohren, meinen Mund und mein Herz, damit ich mich öffnen kann.“
P. Walter Ludwig OCist schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" zum Evangelium zum 23. Sonntag im Jahreskreis (9.9.2018)
(zum Evangelium zum 23. Sonntag im Jahreskreis, Markus 7, 31-37)
Dieses Evangelium spielt eine kleine, aber wichtige Rolle in jedem Taufgottesdienst. Nach der eigentlichen Taufe im Zeichen des Wassers folgen vier weitere Zeichen, die sinnfällig machen, was gerade geschehen ist: Salbung mit Chrisam, Anziehen des Taufkleides, Entzünden der Taufkerze, und schließlich berührt der Priester Ohren und Mund des Neugetauften mit dem Wort „Effata“.
Effata bedeutet: „Öffne dich!“ Jesus hat damit etwas ganz Wesentliches für den Taubstummen des Evangeliums getan.
Er sagt zum Menschen: „Gott will dich ansprechen und mit dir Gemeinschaft haben“, und er selbst räumt alle Hindernisse, alle Barrieren aus dem Weg. Wir als Kirche dürfen (und müssen!) genauso handeln: Barrieren abbauen.
In unserer Pfarrkirche ist es in diesem Sommer gelungen, das Hauptportal barrierefrei zugänglich zu machen. Menschen im Rollstuhl, Familien mit Kinderwägen, alte Leute mit einem Rollator freuen sich, dass sie nun leicht in die Kirche kommen können.
Und da frage ich mich:
Welche Barrieren trennen mich von Gott?
Wo brauche ich so ein Effata?
Wo kann und muss ich mich öffnen für das Wort Gottes und seine Liebe?
Gott will mich „barrierefrei“ erreichen, und Jesus selbst hat das immer wieder gezeigt: Er heilt Taubstumme und Gelähmte, er nimmt den Sündern ihre Schuld und schenkt ihnen einen neuen Anfang, ja schließlich hat er die größten Barrieren zwischen Gott und Mensch getilgt: den Tod, das Böse und die Angst vor Gott.
In den Sakramenten spricht er mich immer wieder an und lädt mich ein: „Öffne dich!“ In der hl. Messe, in der Beichte, im Gebet führt er mich zum Vertrauen, dass ich mit allen Blockaden, die in mir sind, trotzdem von ihm angenommen werde.
Ich habe – mit Mitmenschen – die Erfahrung gemacht, dass es manchmal lange dauert, dass aber doch Vertrauen wachsen kann, und dass ich Furcht und Angst überwinden kann.
Mit Gott geht es mir ähnlich. Sich zu öffnen kann manchmal plötzlich und strahlend geschehen, oft braucht es Geduld und immer neue Einübung in das Gespräch mit Gott.
Deshalb hat Jesus dem Taubstummen die Ohren und den Mund berührt, damit der Mensch lernt, die Stimme Gottes zu erkennen und dann mit seiner eigenen Stimme zu antworten.
Deshalb stellt die Kirche diesen Effata-Ritus in die Tauffeier, um zu zeigen, dass dieses Sich-öffnen eine lebenslange Aufgabe ist.
Schließlich fühle ich mich noch verpflichtet, auch auf das zu schauen, was gerade jetzt wieder schmerzlich aktuell ist: Dass wir Priester und Verantwortliche in der Kirche für die Menschen Barrieren darstellen, die es den Suchenden schwer machen, zu Gott zu finden.
Ja, alle Sünden des Klerus sind gewaltige Hindernisse für das Wachsen des Reiches Gottes. Und ich kann Jesus nur immer wieder bitten, an mir und uns allen das zu tun, was er an dem Taubstummen getan hat: „Berühre meine Ohren, meinen Mund und mein Herz, damit ich mich öffnen kann.“
In einem früheren Text im Gotteslob hat es geheißen: „Sprich zu uns dein Effata, heile Geist und Leib!“ Ja, Herr, mach mich barrierefrei! Amen!
nach Markus 7, 31-37
In jener Zeit
verließ Jesus das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis.
Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.
Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!
Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden.
Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen.
Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt.
Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
P. Walter Ludwig OCist
Pfarrer und Prior der Stiftspfarre Wiener Neustadt-Neukloster.
Wir bieten hier den Pfarren die Doppelseite des SONNTAG mit den Schriftstellen und dem Evangeliumskommentar zum Ausdruck als *pdf an.
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