Es gilt daher, das eigene Leben nüchtern anzuschauen (christlich heißt das Demut). Was soll ich denen, die weniger haben, geben – von meinem Geld, meiner Zeit usw.?
Es gilt daher, das eigene Leben nüchtern anzuschauen (christlich heißt das Demut). Was soll ich denen, die weniger haben, geben – von meinem Geld, meiner Zeit usw.?
Dr. Ingeborg Gabriel schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" zum Evangelium zum 28. Sonntag im Jahreskreis (14.10.2018)
(zum Evangelium zum 28. Sonntag im Jahreskreis, Markus 10,17-30)
Wie gehen wir mit materiellen Gütern richtig um? Was ist ihr Wert für das menschliche Leben? Wie verwenden wir Geld und Vermögen richtig, sodass die Beziehung zu Gott und zum Nächsten gelingt?
Das sind gerade in unserer Konsumgesellschaft ganz zentrale Fragen, um die wir uns jedoch gerne herumdrücken. Doch um dem Evangelium gerecht zu werden, müssen wir uns ihnen wohl stellen.
Wir alle kennen die Erzählung vom reichen Jüngling. Und doch berührt sie immer wieder. Es ist die Geschichte von einem Mann, dem sein Besitz mehr wert ist als die Liebe Jesu.
Doch ehrlich: Wieso sollte er sein Vermögen, seine materielle Sicherheit und seinen Status aufgeben, um das Freundschaftsangebot eines armen, umherziehenden Wanderpredigers anzunehmen? Was sind, so kann man weiter fragen, Liebe und Freundschaft überhaupt wert im Vergleich mit materiellen Dingen?
Fürs erste erscheint die Reaktion des jungen Mannes verständlich, ja eigentlich grundvernünftig. Es macht ihm ja auch niemand einen Vorwurf. Doch: Er geht traurig weg. Er hat die Chance verpasst, sein Leben echt mit IHM zu leben.
Papst Franziskus spricht in Evangelii gaudium, seiner großen ersten Enzyklika (Nr 2), von einer „individualistischen Traurigkeit“ in unseren Gesellschaften, die aus dem „vielfältigen und erdrückenden Konsumangebot“ herrührt und die zu Bequemlichkeit und einem „begehrlichen Herzen“ führt. Darüber lohnt es nachzudenken.
Doch macht Verzicht Sinn? Kennen wir die Freude, die aufleuchtet, wenn wir uns mit weniger begnügen? Sind andere Stimmen nicht meist lauter? „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr“ (egal ob das eine enge Gasse in Jerusalem war oder nicht) – wir verstehen, was gemeint ist. Es ist nicht leicht, sich von Dingen zu trennen und sich Gott zuzuwenden. Aber geht es wirklich darum, alles herzugeben, um in das Reich Gottes zu kommen?
Selten stellt sich die Entscheidung so radikal wie im heutigen Evangelium. Wenn man nur die Radikalität eines Franz von Assisi vor Augen hat, kann das sogar die Sicht auf die eigene Realität verbauen. „Ein Mensch, der denkt mit frommem Sinn, er gäbe notfalls alles hin, doch damit eilt es ihm nicht sehr – fürs erste gibt er gar nichts her.“ (treffend Eugen Roth).
Es gilt daher, das eigene Leben nüchtern anzuschauen (christlich heißt das Demut). Worauf kann und soll ich verzichten, um freier zu sein für Gott? Damit auch andere etwas von den guten Dingen der Erde haben können? Was soll ich denen, die weniger haben, geben – von meinem Geld, meiner Zeit usw.?
Diese Fragen sollten wir uns in einer stillen Stunde stellen. Denn es könnte uns leidtun, wenn wir einmal merken, dass wir viel zu viel Zeit mit allerlei materiellen Dinge vergeudet haben, dass wir großzügig hätten sein müssen und dass wir das wirkliche Leben (teilweise) verpasst haben.
nach Markus 10,17-30
In jener Zeit
lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.
Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesu s seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
Da sagte Petrus zu ihm: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch : Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben..
zur Person:
Dr. Ingeborg Gabriel
ist Universitätsprofessorin und leitet das Fach Sozialethik an der Universität Wien.
"Das Wort zur Schrift" - Gedanken zum Evangelium
Kardinals Gedanken zum Evangelium
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