Jesus war eine freie, unerschrockene Person – äußerlich und innerlich, ihm ging es um ein Mehr, um die größere Wirklichkeit, um die Zukunft für unsere Welt.
Jesus war eine freie, unerschrockene Person – äußerlich und innerlich, ihm ging es um ein Mehr, um die größere Wirklichkeit, um die Zukunft für unsere Welt.
Sr. Mag. Christine Rod MC schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" zum Evangelium zum 21. Sonntag im Jahreskreis (25. 8. 2019)
zum 21. Sonntag im Jahreskreis; Lukas 13,22-30
mit Impuls - Inspiriert vom Evangelium
Frohbotschaft oder Drohbotschaft – das ist manchmal schwer zu unterscheiden, so rau, so aufrüttelnd und unbequem sind manchmal Worte und Botschaften.
Eine Person unserer Tage, die das meisterlich kann, ist Greta Thunberg. Sie lehnt es sogar ab, Präsident Trump zu treffen, weil er doch sowieso nicht bereit sei, dazu zu lernen und wirklich ins Gespräch zu kommen. Greta Thunberg ist eine freie, unerschrockene Person – äußerlich und innerlich, und ihr geht es um ein Mehr, um die größere Wirklichkeit, um die Zukunft für unsere Welt.
Nein, charmant, geduldig, nachsichtig, einfühlsam geht Jesus im heutigen Evangelium mit den Jüngern wirklich nicht um. Sie machen mich in verschiedene Richtungen nachdenklich.
Die Worte, die wir hören, spricht Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. In heutigen Worten könnte man vielleicht sagen, dass Jesus schon unter Stress stand – wissend oder zumindest ahnend, was in Jerusalem auf ihn zukommen würde. Der Hintergrund aus der Zeit des Verfassens dieses Textes, aus der Zeit der Lukas-Gemeinde, war die Bedrohung durch den bevorstehenden Untergang Jerusalems.
In Zeiten von Ungewissheit oder sogar Bedrohung braucht es klare, konfrontierende Worte, manchmal sogar harsche, auf jeden Fall zurechtrüttelnde.
Das ist für mich die eine Deutungsspur in diesem Evangelium. Ich nehme an, dass es für Jesus kein besonderes persönliches Vergnügen war, seine Jünger und Jüngerinnen zu konfrontieren, sondern dass er es gemacht hat, um sie wachzurütteln und um sie in die Realität ihres Lebens und ihrer Umwelt zu führen.
Die zweite Deutungsspur könnte sein, dass die Jünger ja – wie die Übersetzung eigentlich lautet – die „Schüler“ Jesu sind. Menschen sind Jesus als Schüler und Schülerinnen gefolgt, das heißt sie sind auf einem Lernweg.
Vielleicht wollte Jesus sie aus ihrer Selbstgerechtigkeit und aus ihrem Lebensgefühl „Ich weiß eh schon alles“ herauslocken. Glaube ist auch für uns heutige Schüler und Schülerinnen, die Jesus als ihrem Lehrmeister (Rabbi) folgen, ein Lern- und Übungsweg – mit viel Schönem und Bestärkendem, aber auch mit mancher Verunsicherung und Irritation. Lernen und üben heißt ja, sich immer wieder neu auf den Weg zu machen.
Ein Wort für Lernen und Üben ist „Exerzieren“, ein im Allgemeinen nicht gerade beliebtes Wort, weil es meistens mit Militär und Drill in Verbindung gebracht wird.
In unserer spirituellen Tradition kommt es im Zusammenhang von „Exerzitien machen“ vor, und da habe ich einmal gelernt, dass es aus dem lateinischen „ex arce“ kommt, d.h. frei gesprochen: „Raus aus deiner sicheren Burg! Lass dich ein auf Neues, auch auf Ungewisses!“
Jesus war eine freie, unerschrockene Person – äußerlich und innerlich, ihm ging es um ein Mehr, um die größere Wirklichkeit, um die Zukunft für unsere Welt. Das endlich zu begreifen – vielleicht ist das sein Lern- und Trainingsprogramm mit uns.
nach Lukas 13, 22–30
In jener Zeit
zog Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte.
Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.
Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid.
Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber wird euch erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!
Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Ísaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.
Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein.
Inspiriert vom Evangelium
Ich erinnere mich an Zeiten in meinem Leben,
in denen ich „raus aus der sicheren Burg“ musste.
Und was sich danach ergeben hat.
Ich frage mich,
was ich in meinem Leben (noch) lernen und üben will,
um zu mehr Leben zu kommen.
Ich glaube daran,
dass es Jesus – trotz harscher Worte –
um eine Frohbotschaft und nicht um eine Drohbotschaft geht.
Sr. Mag. Christine Rod MC
ist Regionalleiterin der Missionarinnen Christi für Deutschland und Österreich.
Wir bieten hier den Pfarren die Doppelseite des SONNTAG mit den Schriftstellen und dem Evangeliumskommentar zum Ausdruck als *pdf an.
weitere Informationen zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at