Wenn Jesus uns ruft, heißt es: Jetzt oder nie, ganz oder gar nicht! Doch er gibt uns dann auch die Zeit, die wir brauchen.
Wenn Jesus uns ruft, heißt es: Jetzt oder nie, ganz oder gar nicht! Doch er gibt uns dann auch die Zeit, die wir brauchen.
Sr. Franziska Madl OP schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" ihre Gedanken zum Evangelium zum 3. Sonntag im Jahreskreis (26. Jänner 2020)
mit Impuls - Inspiriert vom Evangelium
zum 3. Sonntag im Jahreskreis; Matthäus 4,12-23
Jesus geht am See von Galiläa spazieren, sieht einige Fischer bei der Arbeit und ruft ihnen zu: „Kommt her, folgt mir nach!“ Da lassen sie alles liegen und stehen, um ihm zu folgen. Einfach so. Ohne Zögern. Ohne Rückfrage. Ohne sich zu verabschieden. Wissen die Jünger überhaupt, worauf sie sich einlassen? Verlangt Jesus das auch von mir – und kann ich das überhaupt?
Die Berufungsgeschichten in den Evangelien haben mich immer irritiert. Das Schema ist meist dasselbe: Jesus ruft Menschen in seine Nachfolge – und sie lassen einfach alles fallen, um ihm nachzufolgen.
Da gibt es zwar auch jenen Mann, der zuerst noch heimgehen will, um seinen Vater zu begraben, doch ihm wird gesagt: „Lass die Toten ihre Toten begraben.“ (Mt 8,22) Wer in Jesus das neue Leben gefunden hat, braucht sich offenbar nicht einmal mehr um die Toten zu kümmern.
Wer von Jesus gerufen ist, ist herausgehoben aus allem, was bisher wichtig zu sein schien. Auch die Arbeit der Fischer an ihren Netzen verliert von einer Sekunde auf die andere ihre Bedeutung, als Jesus vorbeigeht und sie ruft.
Möglicherweise liegt meine Irritation darin begründet, dass ich selbst nicht der Typ bin, der einfach alles liegen und stehen lassen kann. Nicht einmal, wenn unsere Glocke zum Chorgebet ruft, gelingt mir das leicht. Ich hätte meine Arbeit gerne fertig, bevor ich zum Gebet gehe.
Als Jesus mich in seine Nachfolge rief, da hatte ich Angst und Bedenken. Ich habe gezögert. Ich war nicht wie die Fischer am See von Galiläa, sondern wie der Prophet Jeremia im Alten Testament, der zuerst seine vielen Bedenken äußert (vgl. Jer 1,6), bevor er dann doch seine Berufung annehmen kann. Wie er, so hatte auch ich viele Fragen und brauchte einige Zeit, um diese mit Gott zu klären.
Getröstet hat mich immer, dass Jesus an einer anderen Stelle sagt: „Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen?“ (Lk 14,28) Ich bin eben eine von denen, die zuerst planen und rechnen müssen, bevor sie sich wirklich einlassen können. Dann aber ganz und gar!
Die Berufungsgeschichten wollen uns allen – vielleicht besonders Menschen wie mir – in Erinnerung rufen, dass die Nachfolge Jesu mit einem radikalen Anspruch verbunden ist. Nichts kann wichtiger sein als Jesus selbst und unsere Beziehung mit ihm. Wenn ER uns ruft, heißt es: Jetzt oder nie, ganz oder gar nicht! Doch er gibt uns dann auch die Zeit, die wir brauchen.
nach Matthäus 4,12-23
Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war, kehrte er nach Galiläa zurück. Er verließ Názaret, um in Kafárnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sébulon und Náftali.
Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesája gesagt worden ist: Das Land Sébulon und das Land Náftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: Das Volk, das im Dunkel saß, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen.
Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.
Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.
Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach.
Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.
Die Jünger lassen ihre Netze liegen und folgen Jesus nach?
Kann ich auch einfach alles liegen und stehen lassen, wenn Jesus mich ruft? Oder fällt mir das schwer?
Wir alle sind als Getaufte zur Nachfolge Jesu gerufen.
Habe ich mich irgendwann ganz bewusst dafür entschieden? Wie sieht meine Nachfolge im Alltag aus?
Ist Jesus Christus das Wichtigste in meinem Leben?
Oder gibt es immer wieder andere Dinge, die mir wichtiger sind?
Sr. Franziska Madl OP
ist Priorin der Dominikanerinnen in Wien-Hacking.
Wir bieten hier den Pfarren die Doppelseite des SONNTAG mit den Schriftstellen und dem Evangeliumskommentar zum Ausdruck als *pdf an.
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