Das Beglückende am Geheimnis der Dreifaltigkeit ist die Gewissheit: Weil Gott die Liebe ist, ist Liebe der tiefste Grund aller Wirklichkeit. Sie ist stärker als aller Hass, alles Böse, stärker als selbst der Tod. Sie ist ewig.
Das Beglückende am Geheimnis der Dreifaltigkeit ist die Gewissheit: Weil Gott die Liebe ist, ist Liebe der tiefste Grund aller Wirklichkeit. Sie ist stärker als aller Hass, alles Böse, stärker als selbst der Tod. Sie ist ewig.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 12. Juni 2022 (Johannes 16,12-15).
Heute ist der Dreifaltigkeitssonntag. Christlicher Glauben ist vor allem Glauben an den dreifaltigen Gott. Die Taufe, das Tor zum Christsein, wird gespendet „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ So beginnt auch das christliche Beten. Das christliche Glaubensbekenntnis ist „trinitarisch“ (dreifaltig), es ist Bekenntnis zum einen Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Doch sobald wir anfangen darüber nachzudenken, was wir Christen da sagen und behaupten, beginnen bohrende Fragen. Und wenn wir uns diesen Fragen nicht selber stellen, andere halten sie uns entgegen, ganz besonders die Gläubigen des Islam, aber auch des Judentums: Gott ist Einer, ihr Christen glaubt an drei Gottheiten! In keinem Punkt widerspricht der Islam so sehr dem Christentum wie in diesem. Neben Gott darf es keinen anderen geben, der Gott genannt wird, auch nicht Jesus, der für den Islam ein Prophet ist und den die Christen als Sohn Gottes bekennen. Der Streit um diese Frage hat oft blutige Ausmaße gehabt und ist bis heute Anlass zu Verfolgungen.
Da ist es verständlich, dass schon seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert kritische Denker diesen ganzen Streit für unvernünftig und überflüssig erklärt haben. Er bringe keinen praktischen Nutzen und störe nur den Frieden unter den Menschen.
Wie soll ich versuchen, in wenigen Worten zu sagen, warum das Geheimnis der Dreifaltigkeit für mich und für viele Gläubige eine Quelle der Freude ist und zudem auch ganz praktische Folgen hat? Ich will es dennoch versuchen. Eine Gewissheit haben wir. Paulus sagt es so: „Unser Erkennen ist Stückwerk.“ Selbst wenn wir noch so viel wissen, es ist immer nur ein Bruchstück des Ganzen. „Rätselhafte Umrisse“ erkennen wir. Das gilt von unserem Wissen über die Natur, aber ebenso über uns selber. Große Wissenschaftler sind daher meist bescheidene Menschen. Sie wissen, wie wenig sie wissen.
Noch unbegreiflicher ist Gott, noch bescheidener unser Wissen über ihn. „Niemand hat Gott je geschaut“, heißt es in der Bibel. Alle Religionen tasten sich heran an das Geheimnis Gottes. Sie versuchen, sich Bilder von Gott zu machen, Vorstellungen von dem, was unvorstellbar ist. Jesus geht einen Schritt weiter. Er spricht von Gott mit einer solchen Vertrautheit, dass er ihn Vater nennt. „Alles, was der Vater hat, ist mein“, heißt es im heutigen Evangelium. Ist das Anmaßung? „Du machst dich selbst zu Gott“, werfen ihm seine Gegner vor. Jesus spricht meist in Bildern von Gott. Es ist ein ganz ungewohntes Bild, das da sichtbar wird: Ein Gott, der ein barmherziger Vater ist, der nicht richtet, sondern rettet, der vergibt und uns dazu anhält, selber zu vergeben. Und um dieses Bild von Gott ganz deutlich sichtbar zu machen, lebt Jesus das selber vor, was er von Gott erzählt: Er heilt und tröstet, verzeiht und richtet auf. Er geht schließlich so weit, freiwillig Leid und Tod auf sich zu nehmen. Er sagt es selber: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn (für sie) hingab.“
Christen glauben deshalb, dass Jesus nicht ein zweiter Gott ist, neben dem einen Gott, sondern dass er ganz eins ist mit Gott. Die tiefste Offenbarung, die Jesus in die Welt gebracht hat, ist in dem einen Wort ausgedrückt: „Gott ist Liebe.“ Liebe kann nicht allein sein. Gott ist nicht ein einsamer Herrscher, er ist Gemeinschaft, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das Beglückende am Geheimnis der Dreifaltigkeit ist die Gewissheit: Weil Gott die Liebe ist, ist Liebe der tiefste Grund aller Wirklichkeit. Sie ist stärker als aller Hass, alles Böse, stärker als selbst der Tod. Sie ist ewig.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.