Im Unerwarteten kann uns Gott begegnen! Oft braucht es Zeit, das zu erkennen. Zuerst ist alles durcheinander, alle Pläne, alle Erwartungen sind durchkreuzt. Dann kann sich neu die Frage stellen: Auf was warte ich im Leben, was erwarte ich vom Leben?
Im Unerwarteten kann uns Gott begegnen! Oft braucht es Zeit, das zu erkennen. Zuerst ist alles durcheinander, alle Pläne, alle Erwartungen sind durchkreuzt. Dann kann sich neu die Frage stellen: Auf was warte ich im Leben, was erwarte ich vom Leben?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 7.August 2022.
Vom Warten ist heute im Evangelium die Rede, von Bediensteten, die warten, bis ihr Chef von einer Feier zurückkommt, um ihm zu öffnen, wenn er da ist: „Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!“ Dieses Bildwort Jesu regt mich an, über den Platz des Wartens im Leben nachzudenken. Wie viel Zeit verbringen wir mit Warten? Und wie geht es uns damit? Spontan kommen mir die vielen Menschen in den Sinn, die sich auf ihren Urlaub gefreut haben und dann wegen des Chaos auf Flugplätzen und Fluglinien unerwartet warten müssen. Zuerst warten auf den ersehnten Urlaub, und dann warten, weil vieles nicht wie erwartet funktioniert.
Warten ist ein erheblicher Teil des Lebens. Etwas nicht erwarten können, schafft plagende Unruhe. Ich habe Zeiten quälender Schlaflosigkeit erlebt, das vergebliche Warten auf den ersehnten und dringend nötigen Schlaf. Aber es gibt auch die freudige Erwartung der Kinder auf das Christkind, der Jugendlichen auf die Schulferien, der Verliebten auf die Begegnung und das Zusammensein. Und es gibt das bange Warten auf das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung, das ungeduldige und verärgerte Warten der Frau, die das Essen bereitet hat, auf den Mann, der wieder einmal verspätet ist, oder das jahrelange Warten der Flüchtlinge auf die Asylverhandlung und auf deren Ausgang. Und es gibt die Situation, in der Menschen es aufgegeben haben, etwas vom Leben zu erwarten, weil niemand auf sie wartet und sie in allen ihren Erwartungen enttäuscht worden sind.
Welches Licht wirft das Wort Jesu auf die vielfältigen Formen des Wartens? Wenn ich es recht sehe, unterscheidet Jesus zwei Arten des Wartens. Die eine Art ist das persönliche Warten auf jemanden. Die andere Art ist es, für das Unerwartete bereit zu sein. Die erste Art ist ganz auf die erwartete Person bezogen. Die zweite Art ist eine Haltung der Bereitschaft für das, was nicht in unserer Hand liegt. Um diese beiden Einstellungen zu verdeutlichen, gebraucht Jesus zwei Alltagserfahrungen. Diener warten auf ihren Chef, der spät abends oder erst in der Nacht von einer Hochzeitsfeier nach Hause kommt. Sie behalten ihre Dienstkleidung an („Eure Hüften sollen gegürtet sein“) und ihre Öllampen sollen brennen, um ihm den Weg zu leuchten. In ihrem Warten sind die Diener ganz auf die Person ihres Herrn ausgerichtet. So erwartungsvoll sollen wir uns auf Gott hin orientieren, nicht nur wie Knechte, die auf den Herrn warten, sondern wie Freunde, die sich nach dem Kommen des Freundes sehnen. So freudig schildert Jesus die Begegnung: „Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt!“ Was der Herr dann tut, ist unfassbar: Er selber wird sich ein Arbeitsgewand anziehen („sich gürten“) und wird seine Knechte „der Reihe nach bedienen“. Mit anderen Worten: Wer so wachen Herzens auf Gott wartet, dem wird Gott selber ein Fest der Freude bereiten.
Anders ist die Einstellung dem Unerwarteten gegenüber. Jesus gebraucht dazu das Bild vom Dieb, der einen Einbruch begeht. Diebe suchen einen heim, wenn man es gerade nicht erwartet. Daher die Sicherheitsschlösser, die vergitterten Fenster, die Alarmanlagen. Wie mit dem Unvorhergesehenen umgehen? Ein Flug wird gestrichen, ein Autounfall wirft alle Pläne über den Haufen, eine Krankheit verändert die Lebenssituation. Was rät Jesus als Grundhaltung? Nicht ständige Angst, es könnte etwas passieren! Vielmehr: „Haltet auch ihr euch bereit.“ Im Unerwarteten kann uns Gott begegnen! Oft braucht es Zeit, das zu erkennen. Zuerst ist alles durcheinander, alle Pläne, alle Erwartungen sind durchkreuzt. Dann kann sich neu die Frage stellen: Auf was warte ich im Leben, was erwarte ich vom Leben? Die Antwort Jesu: Gott selber wartet auf dich, er erwartet dich!
Lukas 12,35-40
Jesus sprach: Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach - selig sind sie. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.