Leuchtkraft hat das Christentum immer dann gehabt, wenn es in der Spur Jesu geblieben ist. Wenn es sich nur mehr der Welt anpasst, wird es fad und uninteressant. Strahlkraft hat es nie durch bloße Worte gehabt, sondern durch gute Taten.
Leuchtkraft hat das Christentum immer dann gehabt, wenn es in der Spur Jesu geblieben ist. Wenn es sich nur mehr der Welt anpasst, wird es fad und uninteressant. Strahlkraft hat es nie durch bloße Worte gehabt, sondern durch gute Taten.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 5. Februar 2023.
Drei Bilder aus dem Alltag nimmt Jesus, um mitten in unser Leben hineinzusprechen. Einfach, direkt, einleuchtend sind sie. Salz ist da, um die Speisen zu würzen; Licht ist da, um zu leuchten; eine Stadt auf dem Berg ist weithin sichtbar. Was will Jesus damit sagen? Das Erstaunliche: Jesus beginnt nicht mit einer Moralpredigt. Er sagt nicht, was wir alles tun oder lassen sollen. Er sagt vielmehr, was wir sind: „Ihr seid das Salz der Erde“; „Ihr seid das Licht der Welt.“ Er nennt eine Tatsache, nicht eine Forderung. Er spricht von dem, was wir sind, nicht von dem, was wir sein sollen.
Aber wen spricht Jesus hier eigentlich an? Seine Jünger? Also einen kleinen Kreis von Erwählten? Gelten diese starken Worte einer frommen Elite oder treffen sie auf „uns alle“ zu? Was sagen die Bilder von sich aus? Wen sprechen sie an? Das Bild vom Salz gibt eine klare Richtung vor. Salz ist keine Speise. Man kann es nicht für sich allein konsumieren. Es dient dazu, die Speisen zu würzen, ihnen Geschmack zu geben. Ohne Salz schmeckt das Essen fad; aber auch versalzen darf das Essen nicht sein, sonst wird es ungenießbar. Jesus spricht den kleinen Kreis seiner ersten Jünger an. Sie wird er in alle Welt aussenden. Nie werden sie die Mehrheit sein, aber sie sind für die vielen Menschen so nützlich wie das Salz für die Speisen.
Nicht anders ist es mit dem Bild vom Licht. Es ist eine kleine Flamme, die Öllampe im dunklen Raum. Sie leuchtet allen im Haus. Sie ist nicht für sich selber da, sie dient allen anderen. Das Licht kann nicht anders als leuchten, so wie eine Stadt auf dem Berg nicht anders kann als weithin sichtbar zu sein. So ist es, sagt Jesus. Und so verhält es sich auch mit seinen Jüngern: Sie sind schlicht und einfach „das Salz der Erde“, „das Licht der Welt“, die sichtbare Stadt am Berg. Ist das nicht eine bodenlose Anmaßung? Haben die Jünger Jesu eine solche Strahlkraft, dass sie die ganze Welt verändern, hell und „g‘schmackig“ machen? Besorgt kann man fragen, ob da Jesus seinen Anhängern, die sich Christen nennen, eine maßlose Selbstüberschätzung mit auf den Weg gegeben hat. Ist damit gesagt, dass die Christen alle anderen Menschen als unerleuchtet betrachten sollen? Sind wir hier bei der allein seligmachenden Kirche gelandet? Eines ist klar: Jesus war überzeugt, dass seine Jünger einen Auftrag haben, der allen Menschen zugutekommen soll. Denn genau das sagen die Bilder. Salz und Licht sind nicht Selbstzweck. Nur wenn sie dienen, sind sie nützlich. Darum die warnenden Worte Jesu. Salz kann seinen Geschmack verlieren. Dann kann man es nur wegwerfen. Jünger Jesu, die die Würze verloren haben, sind nicht nur nutzlos, sie werden zum Ärgernis. Ein solches Christentum „taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden“.
Leuchtkraft hat das Christentum immer dann gehabt, wenn es in der Spur Jesu geblieben ist. Wenn es sich nur mehr der Welt anpasst, wird es fad und uninteressant. Strahlkraft hat es nie durch bloße Worte gehabt, sondern durch gute Taten. Sie machen es überzeugend und anziehend. Nun hat aber Jesus immer deutlich gemacht, dass gute Taten nicht nur bei denen zu finden sind, die sich Christen nennen. In jedem Menschen steckt die Fähigkeit, „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ zu sein. Durch manche widrige Lebensumstände kann das Salz seinen Geschmack verlieren, das Licht nicht zum Leuchten kommen. Ist Jesus nicht genau dafür gekommen, in uns allen das zu wecken, was Gott in jeden von uns hineingelegt hat?