Jesus hat seinen drei Jüngern gezeigt, wohin die Reise geht, was uns am Ziel des Weges erwartet. Er hat nicht versprochen, dass der Weg leicht und bequem ist. Er selber ist der Weg und das Ziel.
Jesus hat seinen drei Jüngern gezeigt, wohin die Reise geht, was uns am Ziel des Weges erwartet. Er hat nicht versprochen, dass der Weg leicht und bequem ist. Er selber ist der Weg und das Ziel.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 6. August 2023.
Es gibt Erfahrungen, die man nie mehr vergisst. Ich meine nicht die schlimmen, schrecklichen Erfahrungen, die man gerne vergessen würde, wenn man es nur könnte. Das heutige Evangelium berichtet von einer unvergesslich schönen Erfahrung. Darüber möchte ich nachdenken und dazu einladen, im eigenen Leben nach solchen Momenten zu suchen. „Taborstunden“ können wir sie nennen, Augenblicke, die dem ähnlich sind, was die drei Jünger mit Jesus auf dem Berg Tabor erlebt haben. Was geschah damals? Welches Echo löst es in meiner Erinnerung aus?
Zuerst gilt es festzuhalten: Die Initiative geht von Jesus aus! Er nahm damals „Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg“. Was sie am Gipfel des Berges Tabor erwartet, war von ihnen nicht geplant. Es war für sie völlig überraschend, ein Geschenk. Es fiel ganz aus dem Rahmen ihrer alltäglichen Erfahrung. Sie sehen Jesus in unbeschreiblichem Licht: „Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne.“ Zwei Gestalten der Bibel erscheinen mit Jesus. Sie deuten sie als Mose und Elija. Petrus reagiert sehr menschlich: Er wünscht sich, dass diese glückliche Erfahrung bleibt, nicht zu Ende geht, und muss erleben, dass dieser wunderschöne Moment nicht festgehalten werden kann. Sie bleiben nicht am Berg. Sie müssen wieder ins Tal zurück, in die Niederungen des Alltags. Was haben sie von diesem Glücksmoment in ihren Alltag hinübergerettet?
Beim Abstieg vom Berg Tabor gebietet ihnen Jesus, über das Erlebte vorerst zu schweigen. Warum wohl? Ich kenne die Erfahrung, dass es schwer ist, anderen mit Worten zu sagen, was man selber als tiefes Glück erfahren hat. Worte sind oft so unbeholfen! Wirksamer ist es, wenn andere einfach spüren, dass ich Freude im Herzen habe. Ich glaube, Jesus hat den drei Jüngern die Erfahrung auf dem Berg Tabor geschenkt, damit sie für die schwere Zeit gestärkt sind, die auf ihn und auf sie zukommt. Denn vom Berg Tabor führt der Weg Jesu zum Golgotha, zum Kreuz. Sie sollen sich daran erinnern, dass sie einen Moment lang sehen durften, wer Jesus wirklich ist. Sie sollten einen Vorgeschmack von dem erhalten, was jetzt meist noch verborgen ist: eine Vorahnung vom Himmel. Auf dem Berg Tabor durften sie für kurze Zeit hinüberschauen in die kommende Herrlichkeit.
Heute wird viel über sogenannte Nahtoderfahrungen gesprochen: Menschen, die kurze Zeit klinisch tot waren und wieder „zurückgeholt“ wurden, berichten von starken Glückserfahrungen, von hellem, warmem Licht, vom Wunsch, „drüben“ zu bleiben. Es fällt ihnen schwer, das Erlebte mit Worten zu beschreiben. Auch können sie nicht sagen, wie es wirklich im ewigen Leben aussieht, da sie nur an dessen Schwelle waren. Sie haben eine Ahnung davon bekommen. Viele sagen, es habe dies ihr Leben positiv verändert. Ich habe selber keine derartigen Erfahrungen gemacht. Etwas möchte ich dennoch davon in meinen Alltag mitnehmen: Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor zeigt, wie nahe mir der Himmel ist, wie sehr es mich im täglichen Leben stärkt, das zu wissen oder wenigstens zu ahnen. Jesus hat seinen drei Jüngern gezeigt, wohin die Reise geht, was uns am Ziel des Weges erwartet. Er hat nicht versprochen, dass der Weg leicht und bequem ist. Er selber ist der Weg und das Ziel.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elíja und redeten mit Jesus. Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja. Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an
und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!