„Ich sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“
„Ich sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 27. August 2023
Papst Franziskus ist der 266. Nachfolger des Apostels Petrus. Seit 2000 Jahren gibt es das Papsttum. Es hat sich im Lauf der Jahrhunderte stark verändert, wie auch die Zeiten selber. Im Kern, im Wesentlichen ist es aber gleichgeblieben. Mir fällt keine Organisation ein, die durch so lange Zeit eine durchgehende Leitungsform hat wie die Katholische Kirche. Historiker haben sich vielfach mit der Geschichte des Papsttums befasst. Sie war wechselvoll und reich an großen, aber auch umstrittenen Persönlichkeiten. Es gab heilige, aber auch ziemlich unheilige Päpste. Staunenswert ist es auf jeden Fall, dass das Papsttum trotz aller Krisen der Kirche immer wieder seine Kraft und Lebendigkeit zeigt. Der Weltjugendtag in Lissabon hat Anfang dieses Monats 1,5 Millionen junge Menschen versammelt, die der Einladung des 86-jährigen Papstes gefolgt sind. Ein österreichischer Journalist hat ironisch festgestellt: „So sehen Institutionen in der Krise aus.“ Immer wieder wird die Kirche krankgeredet. Immer wieder überrascht sie durch eine Kraft der Erneuerung, die viele ihr nicht mehr zugetraut hätten. Woher kommt das?
Für mich gibt das heutige Evangelium die Antwort. Am Anfang der langen Geschichte des Papsttums steht ein Wort Jesu, eine Verheißung. Sie enthält den Schlüssel, der die Tür zum Geheimnis öffnet. Im Norden von Galiläa, nahe der syrischen Grenze, gibt es einen bis heute unverändert schönen Ort, Baneas, an dem aus einer mächtigen Felswand reichlich Wasser fließt: die Jordanquelle. Hier dürfte sich die Szene abgespielt haben, von der der Evangelist Matthäus berichtet, der selber Augenzeuge war. Jesus hat sich mit seinen Jüngern dorthin zurückgezogen. Er stellt ihnen eine sehr persönliche Frage: „Für wen haltet ihr mich?“ Wer bin ich für euch? Sie sind nun schon längere Zeit mit ihm unterwegs. Sie haben ihm zugehört, ihn als Heiler von Krankheiten erlebt, haben seine Wunder gesehen. Es ist ihnen nicht entgangen, dass er auch auf heftigen Widerstand stößt. Seine Identität ist umstritten. Hat Gott ihn gesandt oder macht er sich selber wichtig? „Wer bin ich für euch?“
Die Antwort gibt Petrus. Sie ist der Schlüssel zu dem, was bis heute das Papsttum ausmacht: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Jesus bestätigt, dass Petrus ihn richtig erkannt hat. Aber er macht etwas Entscheidendes klar: Das hast du, Petrus, nicht aus dir selber gesagt! Wer ich wirklich bin, das hat dir Gott gezeigt. Nicht deine menschliche Klugheit („Fleisch und Blut“), sondern „mein Vater im Himmel“ hat dich das verstehen lassen. Was jetzt folgt, ist für mich der tiefste Grund, warum ich für die Kirche Vertrauen habe, trotz aller menschlichen Schwächen: „Ich sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“
Die Kirche ist eine menschliche Einrichtung, aber nicht nur. Sie ist, wie Jesus selber sagt, auf Petrus, den Fels, gebaut. Deshalb ist sie auf Menschen gebaut, wird von Menschen gestaltet (und leider auch beschädigt). Doch ist sie nicht einfach Menschenwerk. Jesus selber baut sie. Ihm gehört sie, sie ist sein Werk. Sie wird heilig genannt, obwohl alle ihre Mitglieder sündige Menschen sind. Ich wäre nicht in ihr, wenn ich nicht schon früh in meinem Leben das Geschenk des Glaubens erhalten hätte. Das ist nicht mein Verdienst, sondern eine Gabe Gottes. In der Kirche geht es oft allzu menschlich zu. Und gleichzeitig lebt in ihr eine Kraft, die nicht von ihr allein kommt. Das hat Petrus selber erlebt. Bei Franziskus, seinem 266. Nachfolger, ist es nicht anders.
Matthäus 16,13-20
In jener Zeit, als Jesus in das Gebiet von Cäsaréa Philíppi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elíja, wieder andere für Jeremía oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjóna; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.
Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.