Dieser Glaube lässt mich hoffen, nimmt mir die Angst vor der Zukunft, auch wenn Schweres auf uns zukommen sollte.
Dieser Glaube lässt mich hoffen, nimmt mir die Angst vor der Zukunft, auch wenn Schweres auf uns zukommen sollte.
Gedanken zum Evangelium von Kardinal Christoph Schönborn zum dritten Adventssonntag, 17. Dezember 2023
Heute geht es im Evangelium um eine uralte und zugleich immer aktuelle Frage: Was erwarten wir? Was erwartet uns? Was erhoffe ich mir für die Zukunft? Was bringt mir die kommende Zeit? Die Antwort auf diese Doppelfragen ist meist eine Mischung aus Hoffnungen und Befürchtungen. Zurzeit dürften die Befürchtungen überwiegen: die wirtschaftliche Lage, der Klimawandel, die Kriege und Konflikte – all das sieht nicht rosig aus. In solchen Zeiten ändert sich immer wieder die Zukunftsfrage. Sie spitzt sich zu: Wen erwarten wir? Kommt da einer, der eine Wende zum Guten bringt?
Im jüdischen Volk gab es (und gibt es bis heute) diese Erwartung: Einmal wird einer kommen, durch den alles endlich gut und heil wird. Die Propheten sprachen oft von dem verheißenen, erhofften, ersehnten Messias, dem von Gott kommenden Befreier und Erlöser. Der Prophet Jesaja spricht von diesem „Gesalbten“ (auf hebräisch Messias, auf griechisch Christus) in bewegenden Worten. Sie werden heute im Gottesdienst vorlesen: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir. Denn der Herr hat mich gesalbt; er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herzen zerbrochen sind, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung…“
Wer ist dieser Gesalbte? Ist es vielleicht der seltsame Mann, der seit einiger Zeit Scharen von Menschen anzieht, dieser Johannes, der in der Wüste lebt und dort Buße und Umkehr predigt und die Leute tauft? Damals war die Erwartung groß, dass bald der verheißene Messias kommen und das Land der Juden von der römischen Besatzung befreien werde. Die religiösen Leiter in Jerusalem wollen es wissen: „Wer bist Du?“ Johannes macht unmissverständlich klar: „Ich bin nicht der Messias.“ Sie fragen weiter: „Bist du Elija?“ Nach alter Erwartung soll der Prophet Elija wiederkommen, um dem Messias den Weg zu bereiten: „Ich bin es nicht.“ „Was sagst du über dich selbst?“ Er sagte: „Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“
Wir wissen, wie es weiterging: Johannes sah in Jesus, seinem Verwandten, den Verheißenen, den Messias. Ist er die Antwort auf die uralten Fragen: Was erwarten wir? Was erwartet uns? Hat er die Befreiung gebracht? Hat sich die Welt durch ihn geändert? Es ist erst hundert Jahre her, dass ein Mann auftrat, der die Welt anders ändern wollte als es der Jude Jesus aus Nazareth versucht hat. Sein Name war Adolf Hitler. Ihm gelang es, die Macht zu ergreifen, Millionen zu begeistern. Sie sangen: „Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt.“ „Heil Hitler“ wurde zum Gruß. Doch damit er sein „Heil“ bringen konnte, musste erst ein „Hindernis“ beseitigt werden: das jüdische Volk. Sechs Millionen Juden wurden auf sein Geheiß umgebracht, Zigmillionen verloren ihr Leben im Krieg, den er auslöste.
Bald wird wieder „Stille Nacht“ gesungen: „Christus der Retter ist da“, heißt es im berühmtesten Weihnachtslied. Stimmt das? Wenn ja, woran sieht man es? Ich kann es nicht beweisen. Ich glaube es. Dieser Glaube lässt mich hoffen, nimmt mir die Angst vor der Zukunft, auch wenn Schweres auf uns zukommen sollte. Das schenkt uns das Kind in der Krippe von Bethlehem. Das ist sein Weihnachtsgeschenk!
Joh 1, 6–8.19–28
Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du? Er bekannte und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Christus. Sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elíja? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. Da sagten sie zu ihm: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du über dich selbst? Er sagte: Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesája gesagt hat. Die Abgesandten gehörten zu den Pharisäern. Sie fragten Johannes und sagten zu ihm: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Christus bist, nicht Elíja und nicht der Prophet? Johannes antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Dies geschah in Betánien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.