Die knappen Worte des Evangeliums lassen ahnen, dass die Frauen beim Kreuz Jesu ihm vor allem dadurch geholfen haben, dass sie aus echter Liebe bei ihm ausgeharrt haben. Nur die Liebe kann im großen Leid wirklich trösten.
Die knappen Worte des Evangeliums lassen ahnen, dass die Frauen beim Kreuz Jesu ihm vor allem dadurch geholfen haben, dass sie aus echter Liebe bei ihm ausgeharrt haben. Nur die Liebe kann im großen Leid wirklich trösten.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 29. März 2024
Dabeistehen und nicht helfen können: das tut weh! Man fühlt sich ohnmächtig und hilflos. Das Leid eines ganz nahestehenden Menschen zu sehen, ohne es lindern zu können: Das war die Situation der Frauen, die beim Kreuz Jesu standen und die Qualen des Gekreuzigten aus der Nähe mitansehen mussten. Am schwersten traf es ohne Zweifel seine Mutter. Den eigenen Sohn so leiden zu sehen, ohne helfen zu können, diesen Schmerz können wohl nur Mütter wirklich mitfühlen.
Mitgefühl ist leider nicht selbstverständlich. Die Soldaten, die Jesus und die beiden Verbrecher kreuzigen mussten, dürften ihren „Job“ ohne viel Anteilnahme erledigt haben. Es gab auch die Schaulustigen, die vorbeispazierten und sich das blutige Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Es wird berichtet, dass über Jesus gespottet wurde: Er soll doch zeigen, was er kann! Er hat viele Wunder gewirkt! Jetzt soll er vom Kreuz heruntersteigen, dann glauben wir ihm! Da hat sich bis heute nicht viel geändert. Immer wieder geschieht es, dass bei Unfällen aus Sensationsgier Menschen gaffend herumstehen und der Rettung den Weg verstellen.
Eine andere häufige Reaktion angesichts des Leidens ist das Wegschauen, Weglaufen, den Leidenden alleine lassen mit seiner Not. Anders die Frauen, die beim Kreuz Jesu stehen. Sie können nicht helfen, und doch ist ihre Nähe eine Hilfe. Sie sind da! Sie können das Leid Jesu nicht wegmachen, aber sie tun, was sie können: Sie bleiben bei ihm. Wie haben sie sich verhalten? In den zahlreichen Kreuzesdarstellungen wird Maria, die Mutter Jesu, oft vom Schmerz überwältigt dargestellt; Maria von Magdala händeringend und verzweifelt. Kein Wort davon bei Johannes, der selber dabei war. Die menschliche Erfahrung zeigt, dass dem schwer Leidenden mehr geholfen wird durch stilles Dabeisein als durch lautes Schluchzen und Wehklagen.
Die knappen Worte des Evangeliums lassen ahnen, dass die Frauen beim Kreuz Jesu ihm vor allem dadurch geholfen haben, dass sie aus echter Liebe bei ihm ausgeharrt haben. Nur die Liebe kann im großen Leid wirklich trösten.
Jesus hat diese Liebe in berührender Weise erwidert. Seine Mutter steht in dieser schwersten Stunde zu ihm. Und er zu ihr! Denn mit seinem Tod wird sie es als Witwe schwer haben. So vertraut er sie dem Menschen unter seinen Vertrauten, der ihm besonders lieb war, an: Johannes. Und ihm gibt er den Auftrag, sie wie seine eigene Mutter zu sehen. „Von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“
Bis zu ihrem Lebensende hat Johannes für die Mutter Jesu gesorgt. Durch alle Jahrhunderte haben Christen diese letzte Geste des sterbenden Jesus so verstanden, dass er Maria nicht nur Johannes zum Sohn gegeben hat, sondern alle Menschen. Vom Kreuz herab wollte Jesus seine Mutter Maria uns allen als Beistand geben.
Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Mágdala. Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Danach, da Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß voll Essig stand da.
Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig
und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist.