Bereitet dem Herrn den Weg!
Bereitet dem Herrn den Weg!
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 2. Adventsonntag,
9.12.2001 (Mt 3, 1-12)
Streng war dieser Johannes, den die Leute den “Täufer” nannten. Hart, unerbittlich war sein Bußruf. Und trotzdem kamen die Menschen in Scharen von weither. Johannes war einer, der den Leuten nicht nach dem Mund redete, vielleicht zog es gerade deshalb so viele zu ihm hin.
Ich selbst habe noch Padre Pio (+1968) erlebt, den Kapuziner aus Süditalien, der jetzt bald heiliggesprochen wird. Auch er hat hart zugepackt, den Zahllosen, die zu ihm kamen, ins Gewissen geredet. Was zog an ihm so an? Noch heute kommen jährlich 7 Millionen Menschen an sein Grab. Weil er glaubwürdig war! Weil alles an ihm echt war. Und weil seine Strenge nicht finsterer Fanatismus, sondern tiefe Herzensgüte war. Und so warteten die Menschen in endlosen Schlangen an seinem Beichtstuhl, um bei ihm ihre Last abzuladen, um befreit und getröstet wieder wegzugehen,
Ähnlich muss es bei Johannes gewesen sein. Sein Ruf zur Buße hat die Herzen getroffen. Ihm hat man es abgenommen, dass es ernst ist, dass es Zeit ist zum Umdenken und Umkehren und dass es höchste Zeit ist, sein Leben zu ändern. Und so lösten sich in seiner Gegenwart die Zungen, die Menschen trauten sich, auszusprechen, was in ihrem Leben verkehrt war, zu bekennen, dass sie sich schuldig gemacht haben und dass es sie reut. Und damit diese Reinigung des Herzens und des Gewissens auch sichtbar wurde, hat Johannes sie im Jordanwasser untergetaucht.
Als aber die Oberschicht, die Frommen und die Mächtigen, auch begannen, zu ihm zu kommen - die Pharisäer und die Sadduzäer - legt Johannes noch einmal kräftig zu: “Ihr Schlangenbrut!”, nennt er sie. Auch das erinnert mich an Padre Pio. Gegenüber den “Großen”, den Angesehenen, war er besonders streng, ob Priester, Bischöfe oder weltliche Berühmtheiten. Mit ihnen konnte er unerbittlich sein, nicht aus Herzenshärte, sondern weil sie besonders in Gefahr sind, sich in Sicherheit zu wiegen, sich selber zu überschätzen, zu glauben, dass vor allem die anderen sich ändern müssen.
Gerade ihnen macht Johannes der Täufer klar: Vor Gott könnt ihr euch auf keine Privilegien berufen, auf keine Ämter und Würden. “Zeigt Früchte der Umkehr!” Auch ihr, und gerade ihr, müsst euer Leben an den “guten Früchten” messen lassen.
“Bereitet dem Herrn den Weg”: Johannes ist “Vorläufer” Jesu, Wegbereiter. Deshalb ist sein besonderer Platz im Advent, der die Ankunft Christi vorbereitet. Nicht sich selber stellt der Täufer in die Mitte, er verweist auf den, “der nach mir kommt”. Auch das macht ihn so glaubwürdig und anziehend. Er will nicht Menschen an sich binden, sondern sie zu Christus hin öffnen. Wenn ihm das gelingt, ist er glücklich, denn dafür lebt er ganz und gar.
Die Vorbereitung des Wirkens Jesu: Johannes der Täufer
In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa:
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.
Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Eine Stimme ruft in der Wüste: / Bereitet dem Herrn den Weg! / Ebnet ihm die Straßen!
Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung.
Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen. Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?
Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.
Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
Ich taufe euch nur mit Wasser (zum Zeichen) der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.