Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.
Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 13.1.2002 - Taufe des Herrn
(Matthäus 3,13–17)
Mir endet die Weihnachtszeit immer zu plötzlich. Kaum ist das Fest vorbei, wird schon alles abgeräumt. Auch kirchlich endet bereits heute der Weihnachtsfestkreis mit dem Fest der Taufe des Herrn. Früher blieb die Krippe viel länger stehen, bis zum 2. Februar, „Maria Lichtmess” genannt. Vierzig Tage nach Jesu Geburt hat Maria im Tempel in Jerusalem nach jüdischer Vorschrift das Opfer für ihre Reinigung dargebracht und zugleich ihren Erstgeborenen Gott sozusagen “zurückgegeben”. Daher heißt das Fest am 2. Februar auch “Darstellung (d. h. Darbringung) des Herrn”.
Wieso aber endet für die Kirche die Weihnachtszeit ausgerechnet mit der Taufe Jesu, die er ja erst als Dreißigjähriger von Johannes erbat? Was hat dieses Ereignis mit der Geburt Jesu zu tun?
Heute werden die meisten Kinder christlicher Eltern schon bald nach der Geburt getauft, nach einem Brauch, der bis in die früheste Zeit des Christentums reicht. Anders damals, als Johannes der Täufer zur Buße aufrief und viele seinem Ruf folgten und zu ihm zum Jordan hinuntergingen, um ihre Sünden zu beichten und von ihm im Jordan untergetaucht zu werden zur Vergebung ihrer Sünden. Der Evangelist Lukas schildert anschaulich, wer da alles kam, um die Bußtaufe zu erhalten: Soldaten, Prostituierte, Zöllner, Menschen aller Berufsschichten. Und da plötzlich mitten unter ihnen Jesus! Johannes schreckt zurück: Was tust du in dieser Gesellschaft? Du bedarfst doch nicht der Buße! Ich bedürfte der Taufe, nicht du, protestiert Johannes.
Doch Jesus beharrt darauf, mitten in dieser bunten sündigen Menschenmenge auch die Taufe zu empfangen: So will es Gott von ihm!
Was bewog ihn zu diesem Schritt? Warum verließ er Nazareth, seine Familie, seinen Beruf? Dreißig Jahre lang hat er ein völlig unscheinbares Handwerkerleben gelebt. Jetzt bricht er auf.
Und sein erster Schritt ist, zu Johannes mitten unter die Büßer zu gehen. Seine erste öffentliche Handlung ist so etwas wie sein “Lebensprogramm”. Jesus nimmt von Anfang an den Platz ein, der seine Lebensaufgabe ausdrückt: Mitten unter uns armen Sündern zu sein, als wäre er einer von uns. Schon sein Name drückt diesen Auftrag aus: Jeschua, Jesus, heißt auf hebräisch: “Gott rettet”. So hat der Engel bereits im Traum dem Josef erklärt, warum er das Kind, das Maria erwartete, Jesus nennen soll: “denn er wird sein Volk von seinen Sünden befreien”.
Das also verbindet Jesu Geburt mit seiner Taufe: dass er gekommen ist, um uns von unseren Sünden zu befreien. Deshalb ist er, der Sohn Gottes, ein Menschenkind geworden; deshalb kommt er zum Jordan, um sich mitten unter uns Sünder zu begeben und unsere Last an Schuld und Versagen auf sich zu nehmen. Er schaut nicht verachtungsvoll auf die Menschen um ihn herum, die da zu Johannes kommen, sondern stellt sich auf ihre Seite. Und Gott gibt gerade dazu seine Zustimmung: “Das ist mein geliebter Sohn”.
Wenn wir das begreifen und mit dem Herzen erfassen, dann ist Weihnachten nicht vergeblich gefeiert worden: Dass Gott uns alle als seine Kinder liebt und dass er deshalb seinen Sohn als Menschenkind zu den verlorenen Menschen geschickt hat, damit sie wieder den Weg zurück finden in sein Vaterhaus, damit Er wieder zu jedem von uns sagen kann: Auch du bist mein geliebtes Kind!
Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.
Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?
Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.