Mit Gott verbunden sein, ist lebenswichtig wie Brot
Mit Gott verbunden sein, ist lebenswichtig wie Brot
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für Fronleichnam, 30.5.2002
(Joh. 6, 51-58)
Einfach hat Jesus es seinen Zuhörern nicht gemacht, damals, in Kapharnaum, dem kleinen Dorf am See Genesaret, wo er in der Synagoge (von der heute noch die Ruinen stehen) seinen Landsleuten diese rätselhaften Worte sagte: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.
Sie haben daran Anstoß genommen, wie gut kann man das verstehen. Sie fragen: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Aber Jesus bleibt dabei, sagt es deutlich, provokant und klar:
Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben!
Das war selbst vielen seiner engsten Anhänger zu viel: Was er sagt, ist unerträglich! Wer kann das anhören? Und Johannes, der Evangelist, der selber dabei war, berichtet, dass damals viele Jünger sich von Jesus abwandten und ihn verließen.
Haben sie Jesus missverstanden? Hat er das nicht bildlich gemeint, symbolisch? Er kann doch nicht gemeint haben, dass wir wirklich sein Fleisch essen, sein Blut trinken sollen. Das wäre ja eine Art Menschenfresserei. Aber warum hat Jesus das nicht richtiggestellt? Warum hat er sie nicht zurückgehalten, als sie wegzulaufen begannen, ihnen erklärt, dass das ein Missverständnis war und dass er es nicht so wörtlich gemeint habe. Nichts dergleichen tut er. Im Gegenteil, er verschärft seine Aussage: Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank.
Wie will Jesus diese Worte verstanden wissen? Er gibt selber eine Hilfe: Er bezeichnet sich als das Brot vom Himmel, das Leben spendet. Darf ich das so verstehen: Wer mit ihm in Verbindung ist, findet das Leben, so wie uns das Brot am Leben erhält? Mit Gott verbunden sein, ist lebenswichtig wie Brot: Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit, sagt Jesus.
Aber ist das dann nicht doch wieder nur symbolisch, bildlich gemeint? Jesus spricht offensichtlich nicht nur eine geistige Verbindung mit Gott an. Sein Fleisch sollen wir essen, das bedeutet doch auch einen körperlichen Kontakt, ein wirkliches Essen. Genau das meinen wir, wenn wir glauben, dass das kleine Stück Brot, die Hostie, die wir in der Kommunion empfangen, der Leib Christi ist.
Mir unvergesslich: Ein Kind - fünf Jahre alt - erhält versehentlich vom Pfarrer die Hostie gereicht und isst sie, obwohl es noch nicht bei der Ersten Heiligen Kommunion war. Ganz aufgeregt eilt es zur Mutter und sagt zu ihr: Mama, ich hab’ den Gott gegessen! Kindliche Einfalt? Oder kindlicher Ausdruck einer tiefen Wahrheit? Es sagt, was Jesus sagt: Gott gibt sich selbst zur Speise, damit wir von ihm leben. Jesus - im wörtlichen Sinn unser “Lebensmittel” - das feiern wir an Fronleichnam. Dafür lohnt sich ein Feiertag!
Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge:
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.
Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?
Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch.
Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag.
Denn mein Fleisch ist wirklich Speise, und mein Blut ist wirklich Trank.
Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.
Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.
Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.