Wer Jesus seine wenigen eigenen Gaben und Talente gibt, der erlebt, dass Gott sie vermehrt.
Wer Jesus seine wenigen eigenen Gaben und Talente gibt, der erlebt, dass Gott sie vermehrt.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 18. Sonntag im Jahreskreis, 4.8.2002,
(Mt 14,13-21)
Jesus will allein sein. Damit fängt das Evangelium heute an. Warum es ihn in die Einsamkeit zieht, hat der Evangelist eben zuvor erzählt. Es ist die Geschichte vom Tod Johannes des Täufers, des "Vorläufers", der sterben muss, weil er dem König Herodes offen und klar sagt, es sei unrecht und unerlaubt, dass er seinem Bruder Philippus dessen Frau Herodias "ausgespannt" hat.
Johannes stirbt, weil er den Mut der alten Propheten hatte, auch dem Herrscher gegenüber Unrecht beim Namen zu nennen, ob es passt oder nicht. Jesus wusste, dass ihm derselbe Weg bevorstand. Aber noch war seine Stunde nicht gekommen, und so zieht er sich in die Einsamkeit zurück.
Und wie die einfachen Menschen Johannes wegen seines Mutes und seiner Glaubwürdigkeit geliebt und verehrt haben, so verehren sie auch Jesus. Sie laufen ihm nach, suchen ihn, erhoffen von ihm Trost und vielleicht sogar Heilung.
So hart Jesus mit der Einbildung und Hartherzigkeit der Selbstgerechten sein konnte, so sehr bewegte ihn die Anhänglichkeit der Armen und Einfachen. Er hatte Mitleid mit ihnen und heilte viele Kranke. Der Evangelist Markus ergänzt, Jesus habe die Menschen lange Stunden gelehrt, bis es Abend wurde. Er wollte die Menschen nicht nur von ihren Krankheiten befreien, sondern ihnen vor allem auch den rechten Weg zeigen und ihnen das völlige Vertrauen zu seinem Gott und Vater vermitteln.
Das Gottvertrauen seiner eigenen Jünger wurde dabei kräftig auf die Probe gestellt. Die dachten ganz praktisch: es ist spät, die Leute müssen essen (und sie selber auch!). Also schick sie endlich heim, weg von hier, wo es nichts zu essen gibt. Mich bewegt immer dieser Gegensatz: Jesus zieht die Menschen an, die Jünger wollen sie wegschicken. Aber Jesus will, dass seine Jünger ganz nach seinem Herzen geraten. Nicht die Menschen wegschicken! Oder gar vertreiben! "Gebt ihr ihnen zu essen!", sagt Jesus. Ich empfinde das als eine bleibende Aufforderung Jesu an seine Apostel. Zu Recht fühlen die sich völlig überfordert: so viele Menschen - und so wenig in unseren Händen! Aber dann machen sie die Erfahrung: je mehr der von Jesus gesegneten Brote sie austeilen, desto mehr werden es in ihren Händen.
Ich glaube fest, dass dieses Wunder der Brotvermehrung tatsächlich geschehen ist. Es hat sich im Leben so mancher Heiliger wiederholt. Es wiederholt sich aber auch ganz alltäglich: wer Jesus seine wenigen eigenen Gaben und Talente gibt, der erlebt, dass Gott sie vermehrt. Und dann kann ich viel mehr geben als ich selber habe.
In jener Zeit,als Jesus hörte, dass Johannes enthauptet worden war, fuhr er mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber die Leute in den Städten hörten davon und gingen ihm zu Fuß nach.Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen und heilte die Kranken, die bei ihnen waren.
Als es Abend wurde, kamen die Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen, und es ist spät geworden. Schick doch die Menschen weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können.
Jesus antwortete: Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!
Sie sagten sie ihm: Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische bei uns.
Darauf antwortete er: Bringt sie her!
Dann ordnete er an, die Leute sollen sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten,und alle aßen und wurden satt. Als die Jünger die übrig gebliebenen Brotstücke einsammelten, wurden zwölf Körbe voll.
Es waren etwa fünftausend Männer, die an dem Mahl teilnahmen, dazu noch Frauen und Kinder.