Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus.
Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 2. Fastensonntag, 16.3.2003
(Mk 9,2-10)
Selbst auf einem hohen Berg ist heute Stille zur Seltenheit geworden. Fast immer ist irgendein Lärm zu hören, aus den Tälern oder vom Himmel her, von den unentwegten Flugzeugen. Stille ist zu einem kostbaren, raren Gut geworden.
Jesus sucht oft die Stille auf, zieht sich alleine auf einen Berg zurück, um zu beten. So auch im heutigen Evangelium. Selten, dass er dazu jemanden mitnimmt wie diesmal. Unter seinen zwölf Apostel stehen ihm die drei, die in die Einsamkeit des Berges mit hinaufsteigen dürfen, besonders nahe: Petrus und das Brüderpaar Jakobus und Johannes. Noch in einer anderen einsamen Stunde werden sie bei ihm sein, freilich mehr schlafend als wachend: im Ölbergsgarten Getsemani, in der Nacht seiner Todesangst und seiner Verhaftung.
Was sie in der Stille auf dem Berg erleben ist ganz anderer und einmaliger Art. Vor ihren Augen wird Jesus verwandelt. Alles ist in Licht getaucht, genauer, beginnt strahlend zu leuchten, sein Gewand, sein Gesicht. Sie versuchen etwas unbeholfen dafür Vergleiche zu finden: heller weiß als je ein weißes Kleid sein kann.
Zur Lichterscheinung kommt anderes dazu. Sie sehen die beiden wichtigsten Gestalten des Alten Testaments neben Jesus: Mose und Elija. Und sie hören eine Himmelsstimme, die Jesus als Sohn Gottes bezeugt. Das Erlebnis muss so stark und beglückend gewesen sein, dass sie es am liebsten festgehalten hätten. Aber es blieb bei einem unvergesslichen Augenblick.
Zwei Fragen: Wie kann man sich dieses einmalige Ereignis vorstellen? Und warum wird es gerade am zweiten Fastensonntag gelesen?
Eine Ahnung davon können wir bekommen, wenn wir an Momente denken, wo wir Menschen “strahlend” erlebt haben, vor Glück, vor Freude, oder - auch das gibt es - wenn Menschen im Leid, im Alter, sogar im Sterben wie "verklärt" wirken.
Die Szene wird ja “die Verklärung Jesu” genannt. Das gibt es, dass Menschen wie von innen her zu leuchten beginnen. Franziska Jägerstätter, die vor kurzem 90 Jahre alt wurde, habe ich als einen solchen unglaublich strahlenden Menschen erlebt. Sie hat viel Leid getragen. Ihr Mann ist am 9. August 1943 von Hitlers Schergen enthauptet worden, weil er sich aus Glaubensgründen nicht bereitfand, in Hitlers Krieg zu dienen. Ihr Leben war, wie sie selber sagte, "ein langer Karfreitag". Aber ihr tiefer und starker Glaube hat sie nicht bitter werden lassen. Wer ihr begegnet, spürt etwas von dem, was die drei Apostel auf dem Berg der Verklärung erlebt haben dürften.
Und das erklärt auch, warum dieses Evangelium gerade in der Fastenzeit gelesen wird. Sinn der vierzig Tage der Buße ist ja, Gott näher zu kommen. "Gott ist Licht" sagt die Bibel. Wer Ihm im Herzen, im Leben, durch den Glauben nahe kommt, wird selber lichter, heller, Jesus ähnlicher, der ganz Gottes geliebter Sohn war. Der Weg dorthin kann freilich steil sein, ein Kreuzweg. Am Ende aber steht Ostern, strahlende Freude.
In jener Zeitnahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt;seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.
Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus.
Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen.
Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus.
Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.
Dieses Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.