Taborstunden sind selten. Aber Gott schenkt sie uns, um uns Kraft für die schweren Stunden des Leidens zu geben.
Taborstunden sind selten. Aber Gott schenkt sie uns, um uns Kraft für die schweren Stunden des Leidens zu geben.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 2. Fastensonntag, 7. März 2004,
(Lk 9,28b-36)
Zwei Szenen im Evangelium sind sich sehr ähnlich und sind doch auch wieder grundverschieden. In beiden sind nur drei Apostel mit Jesus zusammen: Petrus, Johannes und Jakobus. Beide Male geht es um entscheidende Momente im Leben Jesus. In beiden Szenen Sehen wir Jesus beten, während die Apostel schlafen. Beide Male verändert sich das Aussehen Jesu, freilich in verschiedene Richtung. Das eine Mal, auf dem Berg Tabor, werden sein Gesicht und sein Gewand leuchtend weiß. Das andere Mal, in einem Tal, im Garten von Gethsemane, erfasste ihn Todesangst, so sehr, dass sein "Schweiß wie Blut war, das auf die Erde tropfte".
Am Anfang der Fastenzeit lädt uns die Kirche ein, auf den hohen Berg mit Jesus in die Stille und Einsamkeit zu kommen. Am Ende der Fastenzeit führt der Weg hinunter in das Tal, wo Jesus gefangen genommen wird, um getötet zu werden. Am Berg haben die drei Zeugen etwas von der göttlichen Herrlichkeit Jesu aufleuchten sehen. Im Tal haben dieselben drei Zeugen Jesus in seiner äußersten menschlichen Not erlebt. Später, im Nachdenken und Nacherzählen alles dessen, was sie mit Jesus erlebt haben, wurde den drei Aposteln klar, dass zwischen diesen zwei Ereignissen ein enger Zusammenhang besteht. Was verbindet und was unterscheidet sie?
Gemeinsam ist beiden Momenten, dass Jesus sich ganz in den Willen Gottes schickt. Jesus weiß, dass Schweres auf ihn zukommt. Er hat auch schon gelegentlich zu den Aposteln davon gesprochen, die darüber entsetzt waren. Ihr so geliebter, beliebter, erfolgreicher Meister soll eines Tages abgelehnt, verfolgt, ja umgebracht werden? Hat Jesus sie durch das Erlebnis am Berg für die bevorstehenden Prüfungen stärken wollen?
Sicher sollten sie Mut fassen. Die "Verklärung Jesu" war für sie ein großes Glückserlebnis. Petrus möchte gleich dableiben, am Berg drei Hütten bauen, um diesen wunderbaren Augenblick festzuhalten. Doch mussten sie mit Jesus wieder vom Berg Tabor heruntersteigen. Noch war das Ziel des Weges nicht erreicht. Noch standen Passion, Kreuz und Tod bevor. Jesus wollte ihnen auf dem Berg zeigen, dass sein Weg nicht ein Abweg war, sondern Gottes Willen entsprach. Deshalb durften sie einen Moment lang sehen, wie herrlich es ist, wenn Gottes Willen ganz ein Menschenherz erfüllt. Sie durften kurz in die strahlende Herrlichkeit Gottes in Jesus blicken.
Daran sollten sie sich erinnern, wenn Jesus als Gefangener und schließlich als Gekreuzigter vor ihren Augen war. Die glücklichen Taborstunden sollten ihnen helfen, in den dunklen Kreuzesstunden nicht zu verzweifeln und den Glauben zu verlieren.
Taborstunden sind selten. Aber Gott schenkt sie uns, um uns Kraft für die schweren Stunden des Leidens zu geben. Taborstunden, das können Momente tiefen Glücks, großer Freude, vor allem aber Stunden starker Gottverbundenheit sein. Es sind Stunden voller Licht, Vorahnungen der himmlischen Freude. Die drei Apostel, die mit Jesus auf dem Berg Tabor waren, haben diese Stunden ihr Leben lang nicht vergessen.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst. Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.