Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn zum Sonntag der Barmherzigkeit 2. Sonntag der Osterzeit, Weißer Sonntag 18.4.2004, (Joh 20,19-31)
Oft und oft hatte er davon erzählt. Immer wieder hatten die Menschen ihn gefragt: Wie war das damals, als Jesus am Kreuz starb? Wie war das, als ihr ihn, das heißt seinen Leichnam, nicht mehr im Grab fandet? Wie war das, als du ihn zum ersten Mal wieder sahst, als er euch erschien?
Immer wieder musste Johannes davon erzählen, bis ins hohe Alter. Die Christen wollten wissen, wie das alles damals war. Allmählich starben die Apostel, einer nach dem anderen. Alle folgten sie ihrem Meister nach und erlitten einen gewaltsamen Märtyrertod Der erste von ihnen war der eigene Bruder des Johannes, Jakobus, den König Herodes Agrippa einfach enthaupten hieß. Am Schluss war nur noch Johannes übrig, der letzte lebende Augenzeuge. Gegen Ende des ersten Jahrhunderts starb er hochbetagt eines natürlichen Todes.
Irgendwann hatte er begonnen, auch schriftlich festzuhalten, wie das damals war. Nur weniges konnte er auswählen, dass, was ihm am Wichtigsten schien. Vieles musste er weglassen, was unsere Neugier gerne auch noch gewusst hätte. Es ging ihm aber nicht darum, nebensächliches, sozusagen "Seitenblicke" niederzuschreiben. Welche Erinnerung hielt er vom Ostertag fest?
Aus Angst hatten sie die Türen verschlossen. Trotzdem kam Jesus, war plötzlich mitten unter ihnen. Ichn glaube, Johannes wollte damit seinen Mitchristen damals (und heute) sagen: Habt ihr das nicht immer wieder selber erfahren? Wenn ihr am "ersten Tag der Woche" zum Gottesdienst, zur Messe zusammenkommt, oft nur eine allzukleine und verschreckte Schar, kommt da nicht auch Jesus in eure Mitte, zwar nicht sichtbar wie wir es damals in Jerusalem erlebt haben, aber doch wirklich, so dass ihr seine Nähe spürt und er euch seinen Frieden schenkt?
Johannes erinnert sich ganz genau an die unvergessliche Freude, die sie damals empfangen, "als sie den Herrn sahen". Nach den schrecklichen Tagen der Gefangennahme, Verurteilung und Kreuzigung Jesu diese unbeschreibliche Freude, dass Er lebt, dass er wieder bei ihnen ist! Diese Freude habt ihr doch auch immer wieder erlebt, wenn euch nach einem großen Leid, einer schweren Bedrängnis Jesus hat erfahren lassen, dass er lebt und bei euch ist, euch nicht verlässt.
Und Johannes erinnert daran, dass Jesus seit damals nicht aufgehört hat, einen Geist weiterzuschenken, in Taufe und Firmung und in den vielen Gnaden, die wir im Laufe des Lebens von Ihm erhalten.
In einen erinnert sich Johannes besonders: an seinen "Apostelkollegen" den "ungläubigen Thomas". Solchen ist er je später oft noch begegnet, die nur glauben wollen, was sie sehen und angreifen können. Mir, der ich selber manchmal so ein Thomas bin, will der alte Johannes sagen: Schau auch du kannst Jesus berühren. Du kannst Ihm begegnen. Und auch, und ganz besonders, wenn du auf deinen Nächsten achtest, der deine Hilfe braucht. Da ist Jesus dir "zum Greifen nahe".
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.