Niemand kommt ans Ziel des Lebens, das ewige Leben des Himmels, ohne Umkehr.
Niemand kommt ans Ziel des Lebens, das ewige Leben des Himmels, ohne Umkehr.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 2. Adventsonntag, 5. Dezember 2004,
(Mt 3, 1-12)
Das Evangelium beginnt mit einem lauten Ruf zur Umkehr. "Kehrt um!" ist das erste Wort des Täufers Johannes in der Wüste von Judäa. "Kehrt um!" wird etwas später das Leitwort der öffentlichen Tätigkeit Jesu sein.
Ohne Umkehr wird das Evangelium nicht zur Frohbotschaft, es bleibt ernste Drohbotschaft. Denn Umkehr ist unbedingt notwendig. Ohne sie drohen Unheil, Chaos und großes Unglück. Die Lage ist bedrohlich.
Johannes der Täufer gehört nicht zu den Schönrednern und Beschwichtigern. Weil die Menschen spüren, dass er nicht herumredet, sondern die Dinge beim Namen nennt, kommen sie in Scharen zu ihm hinaus in die unwegsame Wüste. Er ist glaubwürdig, sein strenges Büßerleben hat nichts Heuchlerisches, und deshalb hören die Menschen ihm zu und vertrauen ihm. Sie rücken mit ihren Fehlern heraus und gestehen ihm ihre Sünden. Zum Zeichen dafür, dass sie wirklich ihr Leben ändern wollen, lassen sie sich von ihm in das Wasser des Jordan untertauchen. Ihre Sünden sollen abgewaschen werden, sie sind bereit, neu zu beginnen.
Wie sehr bräuchten wir heute solche "Johannesse", Menschen mit Überzeugungskraft und Glaubensmut. Es ist keine bequeme Berufung. Dem Täufer Johannes hat sie bekanntlich den Kopf gekostet. Nicht alle freuen sich über die Wahrheit, denn sie erfordert die Bereitschaft, sich zu stellen, Fehler einzugestehen und das Leben zu ändern.
Wie ging es ihm heute? Würde er auch heute zu uns sagen, dass wir wirklich alle umkehren müssen, die "Kleinen" und die "Großen", die "Frommen" und die weniger Frommen? Ich bin nicht nur sicher, dass er es sagen würde, sondern auch, dass er es für absolut notwendig hielte. Warum? Nicht weil wir schlechter sind als die Menschen damals im Heiligen Land, sondern weil es kein Heil ohne Umkehr gibt. Niemand kommt ans Ziel des Lebens, das ewige Leben des Himmels, ohne Umkehr. Denn in jedem von uns, ob alt oder jung, ob Christ oder nicht, ob in der Kirche oder aus ihr ausgetreten, gibt es den Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkel, Gnade und Sünde. Ständig müssen wir uns entscheiden, nie hört dieser Kampf auf, immer müssen wir gegen die Neigung zum Bösen ankämpfen wie gegen ein Gewicht, das uns nach unten zieht. Und immer wieder müssen wir der tiefen Sehnsucht des Herzens nach dem Guten und der Liebe genügend Freiraum in unserem Leben erkämpfen, den uns das Böse ständig rauben will.
So ernst der Umkehrruf des Täufers klingt, so ernst die Sache auch tatsächlich ist, dahinter steht doch eine frohe Botschaft: dass Umkehr Freude bringt. Und dass die wahre Freude nur um diesen Preis zu haben ist: täglich neu beginnen. Mit Gottes nimmermüder Hilfe!
In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.
Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung.
Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater.
Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen. Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
Ich taufe euch nur mit Wasser (zum Zeichen) der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.