Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum Hochfest der Geburt des Herrn, 25. Dezember 2004,
(Joh 1,1-18))
Was war am Anfang? Die Wissenschaft spricht vom "big bang", dem "Urknall". Vor etwa 14 Milliarden Jahren soll er sich ereignet haben. In unvorstellbar kurzer Zeit, in Bruchteilen der allerersten Sekunde, soll sich eine unermessliche Menge Energie gebildet haben, die sich zu den unfassbaren Massen der Materie des Universums verdichtet hat, aus der die Milliarden von Milliarden von Galaxien entstanden, die heute den Kosmos bilden.
Der große österreichische Physiker Walter Thirring schreibt im Blick auf diesen Uranfang: "Und das sollte durch Zufall geschehen sein, was für eine absurde Idee!" (Kosmische Impressionen. Gottes Spuren in den Naturgesetzen, Wien 2004, 49).
Nein, ganz entschieden Nein! Im Anfang war nicht der Zufall, sondern der Sinn, das Wort. Am Anfang steht nicht eine gigantische Explosion, sondern ein wunderbarer Plan. Mehr noch: Im Uranfang von allem steht das unvorstellbare Geheimnis der Liebe, das wir ehrfurchtsvoll Gott nennen dürfen. Es steht am Anfang von allem. Es ist der Ursprung der Welt und der Urquell des Lebens.
Am heutigen Weihnachtsfest lenkt die Heilige Schrift unseren Blick auf einen doppelten Anfang: einen unscheinbaren, armseligen Beginn in einer Grotte, die als Stall diente, in einem armen Flecken eines kleinen Landes, am Rand der großen Reiche und ihrer Wichtigkeiten. Im Dorf Bethlehem im Land Juda ist aus der verarmten Nachkommenschaft des Königs David ein Kind geboren, ein Sohn, der den damals nicht seltenen Namen Jeschua, Jesus, erhielt.
In den meisten Ländern der Welt gilt dieses Ereignis als Anfang der heute gängigen Datumszählung. Wir leben im Jahr 2004 "nach Christi Geburt". Der Anfang in Bethlehem war arm und bescheiden, aber er bedeutet den Beginn einer neuen Zeit, die große Wende. Warum das so ist, das leuchtet das heutige Evangelium aus. Es macht verständlich, warum wir zu Recht die Geburt Christi im Kalender als die Zeitenwende zählen.
Der Apostel Johannes richtet unseren Blick über das Geschehen in der Geburtsgrotte von Bethlehem hinaus, bis zum ersten Ursprung selbst: "Im Anfang war das Wort." Was Weihnachten so groß macht, zur weltgeschichtlichen Wendestunde, wird erst sichtbar im Blick auf diesen Uranfang. Gott war nie allein. Immer war sein Wort bei Ihm, Er ist ewig Gemeinschaft; Gott, Wort und Geist; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und nichts, gar nichts von all dem, was geworden ist, entstand durch Zufall. "Alles ist durch das Wort geworden." Alles trägt sozusagen Seine Handschrift, hat Sinn und Bedeutung, hat Ursprung und Ziel in dem Gott, der Gemeinschaft und Liebe ist.
Dieses Wort, das Licht und Leben der Menschen ist, Ursprung, Sinn und Ziel von allem, ist selber Mensch geworden. "Das Wort ist Fleisch geworden." Dass der Sinn von allem sichtbar, greifbar, "Fleisch" geworden ist, das ist der Grund, warum wir zu Recht die Jahre seit Seiner Geburt zählen. Alles, vom "Urknall" bis zum kleinsten Ereignis meines Lebens, hat in Ihm seinen Sinn: "Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen." Unerschöpflich ist dieser Ursprung, nie endet Seine Liebe.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.
Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
Niemand hat Gott je gesehen.
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.