Das Wasser der Taufe bezeichnet beides, Tod und Leben, vernichtende Flut und Leben spendendes Nass.
Das Wasser der Taufe bezeichnet beides, Tod und Leben, vernichtende Flut und Leben spendendes Nass.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum Fest der Taufe des Herrn 9. Januar 2005,
(Mt 3,13-17)
Ich schreibe diese Gedanken auf dem Flug nach Indonesien, über dem Gebiet, das vor wenigen Tagen von der gewaltigen Flutkatastrophe heimgesucht wurde. Nicht menschliches Versagen, sondern die Urgewalt der Erde hat dies verursacht. Unserer wunderbarer Planet, dieses winzige Kügelchen in den unvorstellbaren Weiten des Alls, der uns Herberge und Heimat ist, erinnert uns daran, dass wir, wie das schöne Kirchenlied singt, "nur Gast auf Erden" sind.
Wir trauern um die vielen Tausenden, die urplötzlich aus dem Leben gerissen wurden, wir denken mitfühlend an die vielen trauenden Hinterbliebenen. Und wir fragen uns betroffen, was solche Ereignisse bedeuten, vielleicht mir persönlich zu sagen haben.
Heute gedenkt die Kirche der Taufe Jesu im Jordan. Vielleicht hilft uns dieses Geschehen, auch ein wenig Licht in die dunklen Fragen angesichts der Flutkatastrophe zu bringen. Wasser ist Leben. Die Wüste erinnert uns daran, wie sehr alles Leben vom Wasser abhängt. Wenn aber die Urgewalt des Wassers ausbricht, zeigt es seine vernichtende, todbringende Macht. Leben und Tod - beides kann Wasser bedeuten. Noch ist bei uns nicht vergessen, was entfesselte Fluten anrichten können.
Das Wasser der Taufe bezeichnet beides, Tod und Leben, vernichtende Flut und Leben spendendes Nass. Wird die Taufe bloß mit einigen Tropfen Wasser gespendet, wie dies bei uns nur zu oft geschieht, geht diese Symbolik weitgehend verloren. Jesus wurde im Jordan von Johannes völlig eingetaucht. In manchen Kirchen, wie etwa den orthodoxen Kirchen, wird die Taufe immer noch so gespendet, dass der Täufling gänzlich untergetaucht wird. So soll klar zum Ausdruck kommen, dass "der alte Mensch" mit allem Negativen, seinen Sünden und deren ganzem Schmutz untergeht, von der Flut des todbringenden Wassers ertränkt und als neuer Mensch aus dem Leben spendenden Wasser wieder geboren wird.
Warum unterzog sich Jesus diesem Ritus? Johannes ist entsetzt: "Ich müsste von dir getauft werden!" Jesus bedarf nicht der Sündenreinigung. Er ist der Gerechte, der andere zu reinigen kam. Was machst du hier, mitten unter den Sündern, die ihre Sünden beichten und sich dem reinigenden Bad im Jordan unterziehen?
Jesus weiß, was er tut. Er hat einen Auftrag, eine Mission. Er beginnt sie mit einer starken Geste. Er zeigt, wozu er gekommen ist: die Gerechtigkeit Gottes erfüllen! So viel Unrecht, wahre Fluten an Bosheit überschwemmen die Welt und bringen Leid und Elend über die Menschen. Für sie alle, die Opfer und die Täter, steigt er in die Fluten des Jordan. So deutet er an, wozu er gekommen ist. Drei Jahre später werden ihn die Fluten menschlicher Bosheit in den Tod am Kreuz reißen. Aber sie werden ihn nicht vernichten können. Er wird aus dem Grab auferstehen, wie er heute aus dem Wasser des Jordan heraus stieg.
"Da öffnete sich über ihm der Himmel." Für uns alle ist er in den Tod untergetaucht, um unseren Tod zu besiegen. Für uns alle ist er aus dem Tod aufgetaucht, damit wir leben. Gott segnet diesen Weg seines Sohnes. Er segnet uns, wenn wir ihn mitgehen, durch Fluten von Leid und Tod, um mit Ihm als Kinder Gottes "auf zu tauchen".
Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.
Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?
Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.