Galiläa ist überall, wo Christus hinkommt, wo Er Wohnung nimmt, wo Menschen Seinem Ruf folgen.
Galiläa ist überall, wo Christus hinkommt, wo Er Wohnung nimmt, wo Menschen Seinem Ruf folgen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 3. Sonntag im Jahreskreis, 23. Jänner 2005,
(Mt 4,12-23)
Wer eine Wallfahrt ins Heilige Land gemacht hat, wird von Galiläa einen besonders starken Eindruck mitgenommen haben. So geht es auf jeden Fall mir. Es ist in ganz eigener Weise das Land Jesu. Gewiss haben auch die anderen Gegenden des „Gelobten Landes“ ihre Bedeutung: Bethlehem und Jerusalem, die Wüste und das Bergland von Judäa. Sie alle sind wichtige biblische Orte, voll Erinnerung an die Ereignisse, die im Alten und im Neuen Testament berichtet werden. Aber Galiläa ist jener Landstrich, der uns Jesus mehr als andere Gebiete nahe bringt. In Nazareth hat Jesus dreißig Jahre gelebt, und an den Orten rund um das „Meer von Galiläa“, den See Genesaret, haben sich die meisten Szenen des öffentlichen Wirkens Jesu abgespielt. Hier begegnet ihm der Pilger sozusagen „auf Schritt und Tritt“.
Es ist deshalb etwas unvergleichlich Eindrucksvolles, an Ort und Stelle das Evangelium zu lesen: Hier hat Jesus dies gesagt, dort jenes getan, was das Evangelium berichtet. Das Besondere dieses Stückes Erde hat bereits der Evangelist Matthäus empfunden. Er war ja aus dieser Gegend. Nahe bei Kapharnaumhatte er seine Zollstelle, von der weg ihn Jesus zu sich gerufen hat.
Für ihn war damals ein großes Licht aufgegangen. In seinem dunklen Alltag ist es hell geworden. Seit Jesus in sein Leben getreten war, hatte dieses sich völlig gewandelt. Was er erlebt hatte, galt auch für viele andere. Von den vier Ersten berichtet er. Sie waren Fischer. Seit Jesus Sie mit ihm mitzukommen aufforderte, hat für sie ein neues Leben begonnen. „Menschenfischer“ sollten sie werden, so hat es Jesus ihnen zugedacht.
Im Rückblick auf diesen Anfang in Galiläa erinnert sich Matthäus an ein Wort eines alten Propheten, der 700 Jahre zuvor verheißen hatte: „Das Volk, das im Dunkel saß, hat ein großes Licht geschaut.“ Diese Prophetie wird heute noch zu Weihnachten gelesen, heißt es doch etwas weiter, als Grund für die helle Freude: „denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt“.
Jesus verlässt also das kleine, abgelegene Nazareth und übersiedelt (viel wird er nicht zum Mitnehmen gehabt haben!) nach Kapharnaum an den See Genesaret. Dort zieht die große Handelsstraße vorbei, die vom Orient ans Mittelmeer führt. Von dort aus lässt sich leichter seine Botschaft verbreiten, dort erreicht er Menschen auf der ganzen damaligen Welt. Diejenigen, die sich von ihm ansprechen ließen, haben Seine Botschaft in die ganze Welt hinausgetragen. Im geliebten Galiläa hat Jesus am Ende, vor seiner Himmelfahrt, seine Jünger in die ganze Welt ausgesandt.
So stimmt es wirklich, dass das helle Licht der Frohen Botschaft zuerst in Galiläa aufgestrahlt ist. Von dort aus ging es wirklich um die ganze Welt. Darum hat Galiläa für die Pilger solch eine Leuchtkraft. Es ist übrigens durchaus wieder zu empfehlen, dorthin zu wallfahren. Wer noch nie dort war, wer nicht als Pilger nach Galiläa gelangen kann, ist deswegen nicht „schlechter dran“. Galiläa ist überall, wo Christus hinkommt, wo Er Wohnung nimmt, wo Menschen Seinem Ruf folgen. Wo Er hinkommt, bringt Er Licht, besonders denen, „die in Finsternis und im Schatten des Todes“ sind. Matthäus hat es selber erfahren. Und ich wage hinzuzufügen: Ich auch!
Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali.
Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen.
Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.
Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen ihre Netze in den See, denn sie waren Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.
Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie, und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus.
Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.