In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 1. Fastensonntag, 13. Februar 2005,
(Mt 4,1-11)
Warum werden wir versucht? Warum hat Jesus zu beten gelehrt: „Und führe uns nicht in Versuchung“? Führt Gott den Menschen in Versuchung? Wie kann Er so etwas tun? Und worin besteht die Versuchung? Und wie mit ihr umgehen?
Nach seiner Taufe im Jordan geht Jesus für vierzig Tage in die Wüste. Die vierzig Tage der Fastenzeit, von Aschermittwoch bis Ostern, erinnern daran. Vierzig Tage und Nächte in der völligen Einsamkeit und Stille der Wüste. Jesus fastet. Total oder teilweise? Wir wissen es nicht. Doch war es wohl eher ein radikales Fasten. Nicht zum Abnehmen, sondern, um völlig mit Gott seinem Vater alleine zu sein und sich ganz auf seine kommende Aufgabe einzustimmen.
„Dein Wille geschehe“, so lehrt uns Jesus beten. Für nichts anderes mehr im Herzen und im Leben Platz zu haben als für Gottes Willen, dazu soll die Fastenzeit dienen. Bei Jesus ist das schon so. Wozu braucht er dann diese Wüstenzeit? Er tut es für uns. Er will für uns den Freiraum erkämpfen, damit wir uns endlich auf den Willen Gottes einlassen.
Aber will Gott mir gut? Ist Gottes Willen für mich wünschenswert? Macht er mich frei und glücklich? Genau diese Gedanken sind eigentlich die Versuchungen des Teufels. Meist meint man, die Versuchung bestehe vor allem im sexuellen Bereich. Da gibt es sie auch, reichlich und massiv, via Werbung, Fernsehen, Internet. Sie ist allgegenwärtig und oft schon widerlich aufdringlich. Aber diese Versuchungen, so häufig und bedrängend sie sein mögen, sind nicht die tiefsten und radikalsten. Sie sind leicht zu durchschauen, auch wenn sie nicht leicht zu bestehen sind.
Viel schwerer zu durchschauen sind die Versuchungen, denen Jesus in der Wüste ausgesetzt war. Alle drei betreffen letztlich das Vertrauen in Gott: „Wenn du Gottes Sohn bis“ nütze deine Macht über Gott! Nimm dir selber, was dir zusteht! Warte nicht, bis Gott dir gibt, was du brauchst, was du haben könntest! Dahinter steckt die tiefste Versuchung. Sie kann uns alle treffen. Sie sitzt in jedem Menschenherzen. Es ist die (oft ganz verborgene, unbewusste) Frage: Will Gott mir wirklich gut? Warum lässt er mich dann so sehr hängen? Warum muss ich durch solche Prüfungen gehen? Wo ist da „der liebe Gott“?
Der Versucher setzt hier an. Zuerst bei den Grundbedürfnissen. Nach dem langen Fasten hungert Jesus. Nicht umsonst sollen wir in diesen vierzig Tagen fasten. Ein wenig Hunger spüren, das soll uns daran erinnern, dass wir Gott „unser tägliches Brot“ verdanken, auch wenn wir es uns verdient haben.
Die zweite Versuchung ist es, das Vertrauen auf Gott zu missbrauchen. „ Stürze dich da hinab, Gott wird dich schon auffangen.“ Rase nur dahin, Gott wird schon für dich einen Schutzengel bereithaben. So nicht, sagt Jesus: Du sollst Gott nicht versuchen!
Die letzte Versuchung ist die der Macht. Manche Psychologen meinen, sie sei viel stärker als die sexuellen Versuchungen. Die vielen kleinen und großen Machtspiele, die zwischen uns Menschen ablaufen, sprechen dafür.
Jesus hat gesiegt. Nicht für sich, sondern für mich. Ich muss selber kämpfen. Aber ich bin nicht mehr alleine. Wenn ich einer Versuchung erlegen bin, ist Er da und hilft aufstehen. Gute Fastenzeit!
In jener Zeit wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.
Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger. Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird.
Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.
Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.