Durch alle Versuchungen, Bedrängnisse, Leiden dieses Lebens will Er uns zu Seinem Osterlicht führen.
Durch alle Versuchungen, Bedrängnisse, Leiden dieses Lebens will Er uns zu Seinem Osterlicht führen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 2. Fastensonntag, 20. Februar 2005,
(Mt 17,1-9)
Nach der Wüste die Verklärung. Nach der Versuchung die Herrlichkeit. Am vergangenen Sonntag, dem ersten der Fastenzeit, wird Jesus in die Wüste geführt, um vierzig Tage zu fasten und der Prüfung durch Versuchungen ausgesetzt zu sein. Am heutigen zweiten Fastensonntag ist die Szene ganz anders. Am hohen Berg mit nur drei seiner Jünger geschieht das ihnen für immer Unvergessliche: Sie sehen ihren Meister in unbeschreiblichem Lichtglanz. Gesicht und Gewand werden „leuchtend wie die Sonne“. Was sie erlebt haben, müssen sie für sich behalten. Erst nach seiner Auferstehung dürfen sie davon sprechen.
Was war dieses einzigartige Erlebnis? Was bedeutete es für die drei Apostel, die dessen einzige Zeugen waren? Und was bedeutet es für alle anderen, die das selber nicht erlebt haben? Warum schließlich wird es gerade in der Fastenzeit in Erinnerung gerufen?
Vergegenwärtigen wir uns zuerst das Ereignis selber. Eine Woche zuvor hatte Jesus zum ersten Mal den Aposteln gesagt, er werde leiden, man werde ihn misshandeln, verwerfen und töten, aber er werde auferstehen. Seither muss das die Begleiter Jesu intensiv beschäftigt haben. Auf ihrem Weg durch Galiläa werden sie darüber diskutiert und gegrübelt haben. Wieso das Leiden? Er ist doch der Messias. Er soll doch von Not und Leid befreien und nicht selber davon eingeholt werden. In diese Fragen hinein kommt das Erlebnis auf dem Berg. Was die drei Apostel erfahren haben, ist wie eine Vorbereitung auf das Kommende. Sie sollen sich durch den Karfreitag nicht in Verzweiflung bringen lassen. Sie sollen verstehen, dass der Weg Jesu nicht in eine Katastrophe führt, sondern dass Jesus gerade so das tut, was sie von ihm erhoffen: die Befreiung, die Erlösung zu bringen.
Nach Ostern haben sie begriffen: Ja, so musste es sein; so war Gottes Weg, auch wenn sie es anfangs gar nicht verstanden haben. Die ersehnte Rettung durch den Messias, den Heiland, kam nicht durch militärische Macht, nicht durch Gewalt und menschliche Leistung, sondern auf dem unerwarteten Weg des Kreuzes. Die drei Apostel haben auf dem Berg der Verklärung sichtbar erleben können, dass wir durch Jesu Leiden und Kreuz gerettet werden. Das ist aber die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens. Sie ist ja wirklich nicht leicht zu verstehen! Es ist wohl kein Zufall, dass sie so oft - auch von uns Christen - nur schwer angenommen, ja oft abgelehnt wird.
Mir wurde sie ein ganzes Stück „einleuchtender“ durch einen alten Bruder in dem Kloster, in dem ich vor 30 Jahren als junger Pater gelebt habe. Er hatte viel mitgemacht. Die schreckliche Arbeitslosigkeit der Zwischenkriegszeit, ein langes Suchen nach dem Sinn des Lebens, Ablehnung der Kirche, Austritt aus der Kirche. Nach mühsamem Ringen hatte er zum Glauben gefunden und war ins Kloster eingetreten. Als ich ihn kennen lernte, war er schon alt und krank. Aber seine Augen, sein Gesicht hatten ein Leuchten, das ich nicht vergessen kann. Wenn ich selber Kummer hatte, ging ich gerne zu ihm und sagte ihm: Ich möchte dich einfach eine Weile sehen; deine Augen tun mir gut.
Immer wenn ich das Evangelium von der Verklärung Jesu höre, muss ich an Bruder B. denken, an das Strahlen seiner Augen inmitten eines alten und leidgeprüften Gesichts. Und dann verstehe ich, warum wir dieses Evangelium am zweiten Fastensonntag lesen. Dann wird mir sichtbar, greifbar, dass die Verklärung das Ziel unseres Lebens ist. Jesus hat diesen Weg gewiesen und eröffnet. Durch alle Versuchungen, Bedrängnisse, Leiden dieses Lebens will Er uns zu Seinem Osterlicht führen. Bei manchen Menschen leuchtet dieses Licht schon jetzt aus ihren guten Augen.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.
Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.
Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus.
Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.