Gott hat die Welt nicht nur geschaffen, sie ist sogar Ausdruck Seiner Liebe. Kein blindes Walten von kosmischen Kräften, sondern eine unfassbare Zuneigung steht hinter allem: „So sehr liebt Gott diese Welt.“
Gott hat die Welt nicht nur geschaffen, sie ist sogar Ausdruck Seiner Liebe. Kein blindes Walten von kosmischen Kräften, sondern eine unfassbare Zuneigung steht hinter allem: „So sehr liebt Gott diese Welt.“
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den Dreifaltigkeitssonntag 22. Mai 2005,
(Joh 3,16-18)
Heimlich war er zu Jesus gekommen. Es war ihm zu gefährlich, sich offen für Jesus zu interessieren. Denn Nikodemus gehörte dem Hohen Rat an, und dort war es nicht ratsam, zu Jesus Kontakt zu haben. Später sollte Nikodemus Zivilcourage zeigen. Er traute sich, vor seinen Ratskollegen Jesus in Schutz zu nehmen. Er verlangte, dass man ihn wenigstens anhören müsse, wie es das Gesetz vorsieht. Auch seien die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, zuerst zu prüfen, ehe ihnen Glauben geschenkt würde.
Noch mutiger zeigte sich Nikodemus bei der Kreuzigung Jesu. Während sich die Apostel alle (außer Johannes) aus Angst versteckt hatten, sorgte er sich zusammen mit Joseph von Arimathäa um den Leichnam Jesu, brachte eine große Menge (über 30kg) Myrrhe und Aloe, um den Leichnam einzubalsamieren.
Nikodemus war offen zum Anhänger, zum Jünger Jesu geworden. Keine Angst, keine Menschenfurcht hielten ihn mehr zurück. Das lange Nachtgespräch mit Jesus hat sein Leben verändert. Es war auch eine außergewöhnliche Stunde gewesen. Jesus hat ihm, dem Suchenden und Fragenden, tiefste und schönste Geheimnisse über Gott anvertraut. Diese Worte haben sein Herz geöffnet, sein Leben verändert.
„So sehr hat Gott die Welt geliebt …“ Dass Gott die Welt erschaffen hat, ist für Nikodemus als gläubigen Juden klar. Für uns Menschen des 21. Jahrhunderts ist das schon viel weniger eine selbstverständliche Überzeugung. Am Anfang, so wird angenommen, steht der „Urknall“, dessen Spuren die Astronomen bis heute sozusagen als fernes Echo wahrnehmen können. Für das Werk des Schöpfers, der „im Anfang“ Himmel und Erde erschuf, scheint kein Platz übrig zu bleiben. Alles läuft angeblich nach dem Spiel von „Zufall und Notwendigkeit“ ab.
Jesus sagt dem Nikodemus noch mehr: Gott hat die Welt nicht nur geschaffen, sie ist sogar Ausdruck Seiner Liebe. Kein blindes Walten von kosmischen Kräften, sondern eine unfassbare Zuneigung steht hinter allem: „So sehr liebt Gott diese Welt.“
Wie sehr diese Welt in der Liebe Gottes wurzelt, wie sehr alles aus der Liebe stammt, das zeigt Jesus dem Nikodemus in diesem Nachtgespräch. Gott hat die Welt nicht nur geschaffen, er lässt sie auch niemals fallen. Selbst wenn „die Welt“ sich noch so sehr von Gott abwendet, Er bleibt treu. Er tut alles für sie. Er gibt ihr sogar Sein Ein und Alles, Seinen Sohn. Mehr Liebe kann Er nicht zeigen. Und Jesus macht das nochmals deutlicher: Gott hat ihn nicht gesandt, damit er die Welt richte, sondern sie rette.
Von diesen Worten geht großer Trost aus. Aber sind sie nicht Illusion? Ist wirklich Liebe auf dem Grund von allem? Steht hinter dem gewaltigen Universum, unserem kleinen Planeten Erde, unserem Menschenleben ein Gott, der all das will, weil Er Liebe ist? Und wenn es so ist, warum spüren wir oft so wenig davon?
Jesus sagt dem Nikodemus, und dieser hat es uns weitergesagt: Glaube das, dann wirst du leben! Dass du gewollt und geliebt bist, dass Gott dir Christus, Seinen Sohn, als Freund, Heiler und Helfer geschickt hat, das musst du glauben! Halte dich daran fest in dunklen Stunden. Und habe den Mut, wie Nikodemus, zu Jesus zu stehen, auch bei Gegenwind. Nikodemus hat es nicht bereut. Er wurde nicht enttäuscht. Jesus hält Wort!
Zu jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass es seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.