Ein gemeinsames Haus zu bauen erfordert auch das Aufbauen einer tragfähigen Beziehung.
Ein gemeinsames Haus zu bauen erfordert auch das Aufbauen einer tragfähigen Beziehung.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 9. Sonntag im Jahreskreis, 29. Mai 2005,
(Mt 7,21-27)
Was hält wirklich stand? Diese Frage stellt sich im Leben erst, wenn es ernst wird. Wenn Stürme am Haus des eigenen Lebens rütteln, wenn Fluten alles wegzuschwemmen drohen, dann erst zeigt sich, ob wir unser Leben auf festen Grund gebaut haben. Und solchen „Tests“ wird jeder von uns irgendwann im Leben unterzogen, spätestens in der Todesstunde. Der Ernstfall muss nicht der Dauerfall sein. Aber wir sollen auf ihn gefasst sein. Er soll uns nicht völlig unvorbereitet treffen. Jesus bietet uns einen „Vorbereitungskurs“ an. Die „Bergpredigt“, deren Schlussworte wir heute hören, ist der „Grundkurs“ Jesu, die Kurzfassung seiner Lebensschule.
Es mag verwegen klingen, anmaßend und überzogen, wie Jesus seine Lebenslehre anpreist: Wenn du meine Worte hörst und auch danach lebst, dann hast du dein Leben auf ein unerschütterliches Fundament gebaut. Tust du das nicht, dann baust du auf Sand. Ist das nicht eine übertriebene Selbsteinschätzung? Es gibt doch so viele Sinnangebote im heutigen Supermarkt der Lebenskonzepte. Und jedes versucht sich als das Beste darzustellen. „ Jeder Krämer lobt seine Ware“, sagt ein Sprichwort. Wie soll sich der zeitgenössische Kunde, dem so viele Lebensmodelle angepriesen werden, zurechtfinden? Jesus lässt uns nicht ratlos herumstehen. Er zeigt uns ganz konkret, wie wir einen klaren Weg finden können. Er ist wirklich Meister der Lebensgestaltung.
Sein erster Rat widerspricht dem heutigen Zeitgeist, entspricht aber umso mehr der Lebenserfahrung: Bau das Haus deines Lebens! Viele junge Menschen versuchen heute, ein eigenes Haus zu bauen, und dann erst, wenn das Haus bewohnbar ist, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Wer ein Haus baut, plant auf lange Sicht. Das erfordert einen entschiedenen Lebensplan. Und auch haltbare Beziehungen. Wie viel Leid gibt es, wenn das Haus gebaut ist, die Partnerschaft aber zerbricht! Ein gemeinsames Haus zu bauen erfordert auch das Aufbauen einer tragfähigen Beziehung. Sonst wird wirklich auf Sand gebaut.
Die heutige Zeit fördert aber nicht das Aufbauen solider Beziehungshäuser. Man will sich nicht binden, fürchtet Festlegungen, die Arbeitswelt verlangt ständige Flexibilität, sie wird immer belastender, auch für die Beziehungen. Lebensmodelle werden nur als vorläufige betrachtet. „Ich will mir alles offen halten“ - mit dieser Einstellung ist es schwer, ein Haus zu bauen, vor allem das des eigenen Lebens.
Jesus ermutigt zur Entscheidung. Heraus aus der Beliebigkeit, der Unentschlossenheit! Wer sein Haus baut, muss handeln. Worte genügen nicht. Auch nicht Gott gegenüber. „Herr, Herr“ sagen ist zu wenig. Du musst dich auf eine Beziehung mit Gott einlassen. Suche Seinen Willen zu erkennen und danach zu handeln. Bete, damit du deine Beziehung zu Gott festigst, mit Ihm vertraut wirst. Dann bekommt dein Leben Halt, dann baust du Tag um Tag dein Lebenshaus weiter, auf festem Fundament. Fang nicht erst morgen damit an. Morgen kann schon ein Unwetter auf dein Leben einstürmen. Dann ist es zu spät, mit dem Fundament zu beginnen. Schau dich um. Dann wirst du Menschen sehen, die ihr Leben auf den Fels des Glaubens auf Jesu Wort gebaut haben. Etwa ein Johannes Paul II. Vielleicht auch deine Großmutter.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.
Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten, und haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen viele Wunder vollbracht?
Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes! Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut.
Wer aber meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es ein und wurde völlig zerstört.