"Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen."
"Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen."
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 14. Sonntag im Jahreskreis, 3. Juli 2005,
(Mt 11,25-30)
Selten lässt uns das Evangelium so tief ins Herz Jesu schauen wie im heutigen Abschnitt. Es strahlt tiefe Freude aus. Nicht umsonst nennt man diese Stelle im Mathäusevangelium den "Jubelruf Jesu".
Dabei sieht der Zusammenhang gar nicht so aus, als wäre Jesus zum Jubeln zumute. Denn unmittelbar zuvor klagt Jesus bitter über den Mangel an Glauben, dem er in seiner galiläischen Heimat begegnet. Er spart nicht mit kritischen Worten über die Orte, in denen er so viel Gutes getan hat, und die dennoch nicht gläubig werden: Sodom werde es beim jüngsten Gericht besser gehen, als den ungläubigen Orten in Galiläa (und hat er nur diese gemeint, oder auch uns heutige?)
Was bewegt denn Jesus, sich so zu freuen? Freut er sich etwa darüber, dass so viele ihn nicht verstehen und gar ablehnen? Sicher nicht. Den Grund zum Jubel findet er in den "Kleinen", den "Unmündigen". Sie sind offen für ihn. Ihnen kann Gott ins Herz legen, was er den Menschen durch Jesus, seinen Sohn, sagen will.
Jesus freut sich über die einfachen Menschen. Er hat nichts gegen Gebildete, wohl aber gegen Eingebildete, gegen Menschen, die glauben schon alles verstanden zu haben, alles zu wissen und besser zu wissen. Ihnen kann Gott nichts zeigen, weil sie sich nichts zeigen lassen. Sie wollen nicht, und deshalb bleibt ihnen verborgen, was Gott durch Jesus offenbaren will.
Was will er denn zeigen? Ihn, Jesus, seinen geliebten Sohn! Ihn will er uns "offenbaren". Und durch Jesus will er sich selber uns zu erkennen geben. Dass der große, allmächtige Gott, "der Herr des Himmels und der Erde", "Vater" ist, ja, das will Jesus begreifbar machen. Das ist wirklich sein Herzensanliegen. Nicht die Angst vor dem Allmächtigen, sondern das völlige Vertrauen zum Vater: das ist der Kern seiner frohen Botschaft. Das begreifen die Einfachen, dagegen sträuben sich die (Ein-)Gebildeten.
Wie lernen wir diesen Gott kennen, der so anders ist als alle unsere Vorstellungen? "Kommt alle zu mir!" Jesus ist der "Ort", wo Gott offenbar wird. In seinem Herzen spricht Gottes Herz. So wie Er den Menschen begegnet, so ist Gott selber.
"Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen." Alle lädt er ein. Alle, die schwer am Leben, an sich selber zu tragen haben. Alle, denen andere schwere Lasten aufgeladen haben. Aber auch alle, die selber untragbare Bürden verschuldet haben.
Jeder hat sein Joch zu tragen. Jesus lädt ein, sich ihm anzuvertrauen, sich seinem Joch zu beugen. "Lernt von mir!" Jesus bildet sich nicht ein Lehrer und Meister zu sein. Er ist es. Bei ihm das Leben zu lernen ist die beste Lehrstelle. Bei ihm wird auch die drückende Last des Lebens erträglich. "Meine Last ist leicht." Viele können bestätigen, dass Er Wort hält. Nur eines kann Er uns nicht abnehmen: "Kommt alle zu mir!" Wir müssen es selber wollen, und zu ihm gehen.
Jesus bittet geradezu, ihm doch zu vertrauen. Warum fällt es oft so schwer, Gott zu vertrauen? Vielleicht deshalb, weil wir immer wieder in unserem Vertrauen enttäuscht wurden. Auch uns selber gegenüber. Wir glauben, etwas zu schaffen - und es gelingt uns nicht. Misstrauen ist oft die bittere Frucht vieler negativer Erfahrungen. Vertrauen ist immer ein Wagnis und mit Risiko verbunden. Es kann schief gehen. Bei Jesus nicht. Das verspricht er. Ich werde dich nicht enttäuschen. Glaube es mir. Wage das Vertrauen auf mich!
In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.
Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.
Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.