Der göttliche Ursprung der Frohen Botschaft ist uns nahe gekommen. Er hat einen Namen: Jesus selber ist der „Ort“, in dem der Ursprung gegenwärtig ist.
Der göttliche Ursprung der Frohen Botschaft ist uns nahe gekommen. Er hat einen Namen: Jesus selber ist der „Ort“, in dem der Ursprung gegenwärtig ist.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 2. Adventsonntag 4. Dezember 2005,
(Mk 1,1-8)
Was war am Anfang? Wie fing alles an? Alle vier Evangelien beginnen mit einem Blick auf den Ursprung der Frohen Botschaft, auf die Anfänge Jesu und seiner Kirche. Der Evangelist Matthäus beginnt mit einem Stammbaum Jesu, der über David bis zum Stammvater Abraham zurückführt. Jesus ist die Frucht der langen Geschichte Gottes mit Abraham und seinen Nachkommen.
Der hl. Lukas eröffnet sein Evangelium mit einem historischen Prolog. Er widmet seine Schrift mit all dem, „was sich unter uns ereignet hat“, einem christlichen Wohltäter, Theophilus mit Namen, dem er zeigen will, wie zuverlässig die Berichte über diese Ereignisse sind und dass er sich auf deren Glaubwürdigkeit verlassen kann.
Das Johannesevangelium hebt mit dem berühmten Prolog an, der bis in die tiefsten, geheimnisvollsten Ursprünge der im Evangelium aufgezeichneten Geschehnisse Jesu hineinleuchtet: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“. Der „Anfang“ ist hier das innerste Lebensgeheimnis Gottes selbst, der Ursprung aller Ursprünge, der anfanglose Ursprung in Gott selber, den wir in christlicher Sprache das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit nennen. Johannes betrachtet, wie aus diesem Urquell alles hervorgeht, die Schöpfung, das Leben, das Licht, und vor allem das mensch- und fleischgewordene ewige Wort, der Sohn Gottes, der Messias Jesus Christus, von dem wir „Gnade über Gnade empfangen haben“.
Den kürzesten Prolog bietet das kürzeste der vier Evangelien. Der hl. Markus war Schüler und Begleiter des Apostels Petrus und dessen Dolmetscher in Rom (so sagt eine alte Überlieferung), aber auch Missionsgefährte und Helfer des Apostels Paulus, mit dem er zeitweise einen heftigen Konflikt hatte, dem er aber in Rom in der Zeit der Gefangenschaft eine treue Stütze war. Markus soll vor allem die Predigt des Apostels Petrus wiedergegeben haben. Sein Evangelium ist knapp, gibt weniger die Reden Jesu wieder als vielmehr seine Taten. Es zeigt uns Jesus lebhaft, oft mit starken Gemütsbewegungen. Es spiegelt, so will mir scheinen, gut das Temperament des Apostels Petrus wider.
Markus stellt seinem Evangelium nur einen kurzen Satz voraus. Aber welches Gewicht hat jedes Wort! „Anfang des Evangeliums“: das kann einfach nur den Beginn des Buches meinen, das wir in Händen haben. Aber auch Johannes spricht vom „Anfang“, wie auch das erste Wort der Bibel: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“. „Anfang“ meint hier nicht nur den zeitlichen Beginn, sondern auch den Ursprung. Das Evangelium kommt aus tiefster Quelle, es entspringt im lebendigen Gott selber. Es ist Seine Leben spendende Botschaft, die alle Menschen erreichen soll, damit alle das Leben haben, und es „in Fülle haben“.
Der göttliche Ursprung der Frohen Botschaft ist uns nahe gekommen. Er hat einen Namen: Jesus selber ist der „Ort“, in dem der Ursprung gegenwärtig ist. Daher will das Evangelium vor allem eines: seine Leser zum Glauben an Jesus führen. Durch den Glauben bekommen wir Zugang zum Urquell, der in Jesus offen steht.
Dazu sind zwei Glaubensschritte notwendig: zu bekennen, dass Jesus der Messias, der Christus, den Israel erwartet, ist. In der Mitte des Markusevangeliums wird Petrus dieses Bekenntnis aussprechen: „Du bist der Messias“. Am Schluss des Evangeliums, im Angesicht des am Kreuz Gestorbenen, wird der römische Hauptmann den zweiten Schritt tun: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn“.
Zu diesem doppelten Glaubensbekenntnis, das der erste Satz des Evangeliums vorweg ausspricht, sollen die Hörer und Leser geführt werden. Als erster Zeuge dafür tritt Johannes der Täufer auf, der dem Herrn Jesus Christus den Weg bereitet. Als letzte sehen wir die Apostel, wie sie in die ganze Welt hinausziehen, das Evangelium zu verkünden. Dabei entfernen sie sich nicht vom Anfang, denn Christus, der bleibende Ursprung des Evangeliums, begleitet und bekräftigt ihre Mission – bis heute!
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes:
Es begann, wie es bei dem Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!
So trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündigte Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden. Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften, und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig.
Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken, um ihm die Schuhe aufzuschnüren.
Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen