Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den Sonntag der Barmherzigkeit Gottes,
23. April 2006, Zweiter Sonntag der Osterzeit
(Weißer Sonntag),
(Joh 20,19-31)
Unvergesslicher Osterabend! Da waren sie, hinter fest verriegelten Türen. Nur zu verständlich ihre Angst. Warum sollte es mit Jesu Verhaftung und Hinrichtung aus sein? Mussten Sie nicht damit rechnen, als Nächste dran zu sein? Judas, ihr Kollege, wusste, wo sie sich versteckt hielten. Er kannte ja den Raum im ersten Stock eines Jerusalemer Hauses, in dem sie mit ihrem Meister Pessach, das Ostermahl gehalten hatten. Er konnte jeder Zeit die Häscher der Hohenpriester informieren. So warteten sie mit Schrecken, ob nicht plötzlich an der Tür geklopft wird und auch sie abgeführt werden, wie vor drei Tagen Jesus, als sie mit ihm im Garten von Getsemani waren.
Doch niemand klopfte an die Tür. Niemand öffnete sie. Plötzlich war Er da. Keine verschlossene Tür hinderte Ihn. Jesus kam und trat in ihre Mitte. Unerwartet, frei, ungehindert. Seit diesem Osterabend ist das unzählige Male wieder geschehen. Jesus tritt ein. Er kommt unerwartet in das Leben von Menschen, tritt in das Haus ihres Lebens, und mag es auch noch so verschlossen sein. Er ist frei, souverän. Keine Mauern der Angst kann ihn abhalten.
Fragen wir gläubige Menschen: Wie bist du zum Glauben gekommen? So wird die Antwort oft sein: Gott kam in mein Leben; Jesus habe ich als Lebenden, als Freund erfahren. Nicht immer ging das so plötzlich wie bei den Aposteln an diesem unvergesslichen Abend. Bei manchen kommt Jesus allmählich, bei anderen war Er immer schon da, ein Vertrauter von Kindheit an.
Viele werden ihren eigenen Glaubensweg in Thomas wieder finden, dem Apostel, der nur glauben will, was er sehen und berühren kann. Er will nicht nur hören, was andere angeblich gesehen und erlebt haben. Er will selber "be- greifen", "er- fassen". Nun dann ist er auch bereit, zu glauben.
Wir können dem guten Thomas nur dankbar sein. Es hilft uns, zu wissen, dass auch die Apostel nicht einfach zu allem Ja und Amen gesagt haben. Es tut gut, zu sehen, dass selbst Apostel ihre Fragen und Zweifel haben. Es ist aber noch wichtiger, zu erfahren, wie sie Antwort auf ihre Zweifel bekommen haben.
Ich vergesse nie, wie Papst Johannes Paul II im Heiligen Jahr 200 zu den Jugendlichen aus aller Welt sagte: "Ich weiß, es ist nicht leicht, zu glauben. Aber es ist möglich". Thomas zeigt uns, wie es möglich ist. Jesus zeigt es uns. Jesus sagt auch zu mir, wie zu Thomas: "Sei nicht ungläubig, sondern gläubig."
Wir wollen sehen um zu glauben. Wir wollen irgendwie Gewissheit haben. Jesus sagt: "Selig, die nicht sehen und doch glauben". Soll ich blind vertrauen? Soll ich auf jedes Begreifen verzichten? Nein, denn das zu verlangen wäre unmenschlich! Mein Glaube ist nicht blind. Er richtet sich nicht ins Ungewisse. Ich glaube Jemandem Ich glaube Jesus. Ich kann Ihn zwar nicht sehen, aber ich kann Ihn lieben. Ich kann Ihn nicht fassen, aber ich sehe so viele Seiner Spuren. Und manchmal darf ich es auch spüren: die Freude, dass Er da ist.
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen.
Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.