Haben vielleicht auch wir Angst vor diesem König, wie er da ohnmächtig vor uns steht? Was wird Er mir nehmen? Sicher nichts von dem, was das Leben frei und groß und schön macht.
Haben vielleicht auch wir Angst vor diesem König, wie er da ohnmächtig vor uns steht? Was wird Er mir nehmen? Sicher nichts von dem, was das Leben frei und groß und schön macht.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den Christkönigssonntag, 26. November 2006,
(Joh 18,33b-37)
„Wie viele Divisionen hat der Papst?“ Diese spöttische Frage Stalins ist bekannt. Sie erinnert an die Frage des Pilatus an Jesus, der ohnmächtig und gefangen vor ihm steht: „Bist du der König der Juden?“ Wenn du ein König bist, wo sind deine Truppen? Wo ist deine Armee? Wo ist deine Macht?
Christus, der König! Das feiert die Kirche heute, am letzten Sonntag des Kirchenjahres. Nächsten Sonntag beginnt bereits der Advent. Warum endet das Kirchenjahr mit dem Blick auf Christus, den König?
„Ja, ich bin ein König“, antwortet Jesus dem Statthalter des mächtigen Kaisers. Es klingt fast trotzig, was der wehrlose Mann aus Galiläer dem Pilatus erwidert: „Dazu bin ich geboren und in die Welt gekommen.“ Keine Fesseln und keine Todesdrohung können Jesus davon abhalten, zu sagen, was Tatsache ist: Er ist ein König!
Aber: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.“ Wäre Jesus ein weltlicher Herrscher, so hätte er längst seine eigene Armee aufgebaut. Die würde für ihn kämpfen, damit er nicht seinen Gegnern in die Hände fällt. Sie würden versuchen, ihn aus der Gefangenschaft zu befreien. Jesus hat keine Armee aufgebaut. Als Petrus versuchte, seinen Meister mit dem einzigen Schwert, das sie dabei hatten, zu befreien, da sagt ihm Jesus ruhig: „Stecke dein Schwert in die Scheide!“
Ein seltsamer König, dessen Reich „nicht von dieser Welt“ ist. Warum wird er dann gefürchtet? Ist es nicht eigenartig, dass Diktaturen das Christentum fast immer verfolgt haben? Wovor fürchten sie sich? Vor einem König, der ihnen nichts wegnehmen kann, weil er gar kein irdisches Reich und keine weltliche Macht besitzt?
Die Gewalthaber dieser Welt haben genau gewusst, warum sie Christus den König fürchten. Er nahm ihnen nichts von ihrer Macht weg. Die hat er nie angestrebt. Was sie über alles fürchteten, war etwas anderes: dass Christus ihnen die Herzen der Menschen wegnimmt. Hitler wollte sein Volk ganz und gar. Das Leben der Menschen, ihren Verstand, ihren Willen und vor allem ihre Herzen. Alles sollte nur dem "Führer" gehören. Nur ihn sollten sie lieben und verehren.
Christus war daher sein größter Konkurrent. Das jüdische Volk, aus dem Jesus stammte, sollte deshalb vernichtet werden. Danach wären die Christen dran gewesen - und waren es schon. Nicht anders war es in der kommunistischen Diktatur. So viele Verfolgungen hat es gegeben, durch alle Jahrhunderte, doch Christi Königreich konnten sie nicht vernichten.
Sein Reich ist nicht von dieser Welt, aber es kommt in diese Welt. „Öffnet die Tore für Christus“, hat Papst Johannes Paul II. immer wieder den Mächtigen zugerufen. Fürchtet euch nicht vor Ihm! Er nimmt euch nichts weg, wenn ihr Ihn einlasst. Doch, etwas nimmt Er euch schon weg: die Korruption, die Ausbeutung der Armen, das himmelschreiende Unrecht, das würde Er aus eurer Mitte nehmen, wenn ihr Ihn bei euch herrschen lassen würdet.
Haben vielleicht auch wir Angst vor diesem König, wie er da ohnmächtig vor uns steht? Was wird Er mir nehmen? Sicher nichts von dem, was das Leben frei und groß und schön macht. Meinen Egoismus würde ich verlieren - und so viel dafür bekommen! Wenn ich mein Herz diesem König schenke, dann kann ich nur gewinnen! Unter seiner Herrschaft ist gut leben!
Pilatus ließ Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt?
Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.
Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König?
Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.
Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.