"Passt auf, dass Rausch und Trunkenheit und die Alltagssorgen euch nicht verwirren!"
"Passt auf, dass Rausch und Trunkenheit und die Alltagssorgen euch nicht verwirren!"
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 1. Adventsonntag, 3. Dezember 2006,
(Lk 21,25-28.34-36)
Wer bedrückt ist, geht meist gebückt. Der Körper drückt aus, wie es der Seele geht. Die guten alten Hausärzte brauchten keine hochtechnisierte Medizin um zu erfassen, wie es einem Patienten geht. Sie sahen es ihm an, am Gesicht, am Gang, an der Körperhaltung. Wem es gut geht, der richtet sich auf. Wer wieder froh ist, hebt den Kopf und schaut auf. Wer Hoffnung hat, hebt das Haupt und blickt nach oben.
„Wenn das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ Weihnachten - Fest der Erlösung, die Geburt des Erlösers! Ist Weihnachten dazu angetan, den Kopf zu heben und sich aufzurichten? Habe ich Grund genug, Hoffnung zu haben, um nicht bedrückt und gebückt durchs Leben zu gehen? Der Advent sollte mich aufrichten und zuversichtlich machen.
Ich muss gestehen: Jedes Jahr nehme ich mir vor, den Advent besinnlicher und ruhiger zu leben. Heuer soll es keine so hektische Zeit werden! Und doch jedes Jahr wieder das alte Lied: ein Rennen ohne Ruhe, Berge von Post, viele Feiern und wenig Stille. Der „besinnliche“ Advent droht zum besinnungslosen Stress zu verkommen. Jedes Jahr noch mehr, noch schneller, noch unruhiger. Wohin soll das führen?
Ich sehe für mich nur einen Ausweg: Jesus zeigt ihn mir. Zuerst will er mich von meiner Zukunftsangst befreien. Ich glaube, viel von unserem (selbst gemachten) Wirbel hat damit zu tun, dass wir aus Angst vor dem, was kommen kann, uns in die Hektik treiben lassen.
Jesus spricht von manchem, was auch heute Angst macht: "Das Toben und Donnern des Meeres" - denken wir an die Tsunamis die Wirbelstürme und Orkane. Die Klimakatastrophe trifft uns alle, weil wir nur diesen Planeten zum Leben haben.
„Die Menschen werden vor Angst vergehen, in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen“. Das muss keine sichtbare Panik sein. Viele sagen, sie wollen in diese Welt, wie sie jetzt ist, keine Kinder setzen. Auch auf diese Weise können wir „vor Angst vergehen“ - wenn einfach die Nachkommen ausbleiben und wir ein sterbender Kontinent werden …
„Guter Hoffnung“ sein - so wird Schwangersein auch genannt. Kinder sind Zeichen der Hoffnung, Vertrauen in die Zukunft. Gibt es Grund dazu? Wer glaubt, hofft auch. Denn Gott ist Zukunft und Leben. Wer Vertrauen hat, kann aufblicken und aufrecht gehen. Gott wird uns nicht fallen lassen, wenn wir ihm vertrauen.
Advent: eine Zeit, den aufrechten Gang zu üben, denn unsere Erlösung ist nahe. Advent: Zeit der Besinnung. Aber wie es machen, trotz Stress? „Wachet und betet allezeit“, rät uns Jesus. Jeden Tag wenigstens eine Zeit der Stille, der Sammlung, des Betens. Das wirkt Wunder. Es kostet nur den Preis, innezuhalten.
"Passt auf, dass Rausch und Trunkenheit und die Alltagssorgen euch nicht verwirren!" Auch dieser Rat Jesu ist höchst aktuell. Nichts gegen Punschstände und Weihnachtseinkäufe. Aber alles mit Maß. Es geht um mehr. Ich wünsche Ihnen und mir einen echten, guten Advent. Der aufrichtet!
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.
Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, (so) wie (man in) eine Falle (gerät); denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.