Da dürfen wir diese unsere Kraftquelle öffentlich zeigen und verehren. Und aus ihr neue Kraft schöpfen.
Da dürfen wir diese unsere Kraftquelle öffentlich zeigen und verehren. Und aus ihr neue Kraft schöpfen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum Hochfest des Leibes und Blutes Christi
(Fronleichnam), 7. Juni 2007,
(Lk 9,11b-17)
Es muss wie eine Provokation geklungen haben, als Jesus den zwölf Aposteln diese Weisung gab: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Man stelle es sich vor: fünftausend Männer. Dazu wohl noch einmal eine große Zahl an Frauen und Kindern. Wie sollen die paar Leute Essen für so viele Menschen herschaffen? Sie haben ja selber kaum das nötige Minimum für den Eigenbedarf: fünf Brote und zwei Fische! Woher das Geld nehmen, um für diese Masse genügend Essen zu besorgen, noch dazu an einem abgelegenen Ort?
Wie gut kann ich die Lösung verstehen, die die Apostel, ganz vernünftig, Jesus nahegelegt haben: „Schick die Menschen weg.“ Sie sollen selber für ihren Unterhalt sorgen und sehen, wo sie Unterkunft finden. Schließlich hat ihnen ja niemand befohlen, Jesus in diese einsame Gegend nachzulaufen. Sie hätten ja selber an ihre Verpflegung denken und sich Quartiere besorgen können.
Zwei Haltungen prallen aufeinander. Zwei Grundmuster des Verhaltens angesichts einer Notsituation: „Schickt die Leute weg“ gegen „Gebt ihr ihnen zu essen“. Die erste Haltung scheint die vernünftige, die zweite dagegen eine völlige Überforderung zu sein. So ist es bis heute.
Die erste Haltung sagt: Das schaffen wir nie! Sie gibt gleich auf. Sie sieht so vernünftig aus. Nach dem Motto: Das geht uns nichts an! Die sollen selber sehen, wie sie zurecht kommen! Wir haben weder die Kraft noch die Zeit noch das Geld, da zu helfen. Es ist ein gewisses Gefühl der Ohnmacht. Wer von uns kennt es nicht, wenn wieder Katastrophenmeldungen über die Bildschirme ins Haus kommen.
Und irgendwie ist das ja auch verständlich. Wir sind nicht für die ganze Welt zuständig. Wir können nicht alle Not beheben. Wir müssen manchmal auch sagen: Hier bin ich ohnmächtig.
Aber Jesus spricht nicht von einer fernen Not, die für uns unerreichbar ist. Hier geht es nicht um „Fernstenliebe“, sondern um „Nächstenliebe“. Und die ist oft noch schwieriger. Sie ist unmittelbar vor meiner Tür. Wer mit wachem Auge und offenem Herzen um sich schaut, sieht so viel Not, so viel Hunger nach Zeit, Verstehen und Liebe, dass wieder die Frage auftaucht: Wie soll ich, sollen wir das schaffen? Meine Kräfte reichen einfach nicht. Mein Zeitbudget ist ausgeschöpft, meine Energiereserven ebenso.
Da sagt uns Jesus: Gib mir, was du hast! Gib mir deinen Vorrat an Kraft, deine Reserven an Zeit! Aber gib sie mir ganz! So, wie die Apostel Jesus ihre wenigen Reserven ganz gaben: fünf Brote und zwei Fische! Jesus nahm sie, segnete sie, gab sie den Jüngern zurück, und diese teilten sie aus, und siehe da, es wurden nicht weniger, sondern mehr. Alle wurden satt, und zwölf Körbe blieben noch übrig.
Es gibt nicht nur das Wunder der Brotvermehrung. Mit Jesus erlebt man auch das Wunder der Zeit- und Kräftevermehrung. Ich habe es bei Krankenschwestern erlebt. Bei Menschen im Einsatz für andere. Gott gibt zusätzliche Kräfte. Er vermehrt, was von uns aus ganz ungenügend wäre. Wie oft durfte ich das selber erleben. Als eine freudige Überraschung. Sodass ich sagen musste: Das kommt nicht von mir! Da hat Er geholfen! Das war Seine Kraft, nicht die meine!
Die Quelle dieser Kraft finde ich in der Hl. Messe, in der Kommunion, im Leib Christi, dem Heiligen Brot. Darum ist für mich das Fronleichnamsfest so eine Freude. Da dürfen wir diese unsere Kraftquelle öffentlich zeigen und verehren. Und aus ihr neue Kraft schöpfen.
Jesus redete zu ihnen vom Reich Gottes und heilte alle, die seine Hilfe brauchten.
Als der Tag zur Neige ging, kamen die Zwölf zu ihm und sagten: Schick die Menschen weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn wir sind hier an einem abgelegenen Ort.
Er antwortete: Gebt ihr ihnen zu essen!
Sie sagten: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst weggehen und für all diese Leute Essen kaufen. Es waren etwa fünftausend Männer.
Er erwiderte seinen Jüngern: Sagt ihnen, sie sollen sich in Gruppen zu ungefähr fünfzig zusammensetzen. Die Jünger taten, was er ihnen sagte, und veranlassten, dass sich alle setzten.
Jesus aber nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie und brach sie; dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten.
Und alle aßen und wurden satt. Als man die übrig gebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.