Er bittet uns Menschen: stillt den Durst nach Liebe, Zuwendung, Hilfe und Güte, an dem so viele Menschen leiden.
Er bittet uns Menschen: stillt den Durst nach Liebe, Zuwendung, Hilfe und Güte, an dem so viele Menschen leiden.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Karfreitag,
Feier vom Leiden und Sterben Christi,
22. April 2011 (Joh 19,17-30)
Jede Einzelheit war ihnen wichtig. Alles was an diesem Freitag des Jahres 30, zwischen neun Uhr Vormittags und drei Uhr Nachmittags geschah, alle Einzelheiten der Todesqual Jesu, wurden festgehalten. Sie hatten sich unvergesslich in die Erinnerung der Zeitzeugen eingeprägt. So besitzen wir in den vier Evangelien einen unvergleichlich genauen Bericht über die etwa sechs Stunden, die Jesus am Kreuz hing.
Überraschend finde ich freilich, dass die Evangelien die Qualen im Einzelnen kaum beschrieben. Es sind keine Sensationsberichte, die neugierig das grausame Leiden ausmalen würden. Eine recht genaue Idee von diesen Leiden vermittelt das berühmte „Grabtuch von Turin“, das wie eine Fotoreportage über die Torturen eines gegeißelten und gekreuzigten Mannes wirkt.
Die Evangelien sind von Menschen geschrieben worden, die Kreuzigungen gesehen hatten. Es war die schlimmste, aber auch häufige öffentliche Todesstrafe der Antike. Der Evangelist Johannes hebt vier Ereignisse besonders hervor, die ihm etwas über die tiefere Bedeutung des Kreuzestodes seines geliebten Meisters sagen.
1. Wie bei allen zum Tod am Kreuz verurteilten war auch über dem Kopf Jesu eine Holztafel angebracht, die den Grund seines Todesurteils angab: „Jesus von Nazareth, der König der Juden“. Und das gleich in drei Sprachen: hebräisch für die jüdische Bevölkerung; lateinisch für die Römer, griechisch, weil es damals die „Weltsprache“ war, so wie heute englisch. Pilatus mag diese Inschrift aus Spott angebracht haben. In Wirklichkeit sagte sie genau, wer Jesus ist: ein König, der Herr und Meister. Und seine Herrschaft ist nicht Beherrschen anderer, sondern die Hingabe seines Lebens. „Das Kreuz ist sein Thron, von dem aus er die Welt an sich zieht“ (so Benedikt XVI. in seinem neuen Buch über Jesus).
2. Johannes war selber Augenzeuge, wie die vier römischen Soldaten, die Jesus gekreuzigt hatten, seine Kleider unter sich verteilten. Der Tote braucht sie nicht mehr. Sein Leibrock war ohne Naht, ganz eigens für Jesus gewoben (von seiner Mutter?), offensichtlich etwas Kostbares. Die Soldaten würfeln, wem er gehören soll. Was sieht Johannes darin? Vielleicht dies: zerreißt das Gewand Jesu nicht! Bewahrt die Einheit untereinander!
3. Unvergesslich muss sich den beiden der Moment eingeprägt haben, als Jesus zu seiner Mutter und zu Johannes sprach und sie einander anvertraute. Jesus sorgt auch noch in seiner äußersten Not für seine Mutter und für seinen treuen Jünger, dass sie nicht alleine bleiben. Ich denke, wir dürfen das auch so verstehen, dass er alle Menschen der Sorge seiner Mutter Maria anvertraut. Sie sorgt bis heute für uns!
4. Jesu letztes Wort ist ein Ruf voller Not: Mich dürstet! Grausam wie alles bei dieser Hinrichtung, ist die Antwort: Man gibt ihm Essig! Johannes hört in dem Ruf Jesu einen tieferen Durst: den nach den Menschen, nach ihren Herzen und ihrer Liebe. Und er bittet uns Menschen: stillt den Durst nach Liebe, Zuwendung, Hilfe und Güte, an dem so viele Menschen leiden. Es ist Sein Durst. Dazu will Er uns bewegen.
Jesus trug sein Kreuz und ging hinaus zur so genannten Schädelhöhe, die auf hebräisch Golgota heißt.
Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus.
Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden. Dieses Schild lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst.
Die Hohenpriester der Juden sagten zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden.
Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.
Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll.
So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus.
Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.
Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.