Gott ist immer grösser als alles, was wir uns denken und vorstellen können.
Gott ist immer grösser als alles, was wir uns denken und vorstellen können.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Sonntag der Barmherzigkeit,
2. Sonntag der Osterzeit,
Weißer Sonntag,
1. Mai 2011 (Joh 20,19-31)
Dieser Sonntag hat’s in sich! Zahllose Menschen in Rom zur Seligsprechung von Johannes Paul II., nur sechs Jahre nach seinem beeindruckenden Sterben. Zugleich der 1. Mai: Tag der Arbeit, weltweite Feiern der Arbeitswelt, heute wieder neu notwendig, da für viele die Arbeitsbedingungen schwieriger und härter werden. In den Dörfern und Gemeinden das Brauchtum des Maibaumes und der guten Wünsche.
Und in der Kirche der sogenannte „Weiße Sonntag“: in vielen Pfarren das Fest der ersten Heiligen Kommunion. Seit dem Jahr 2000 heißt der heutige Sonntag auch „Sonntag der Barmherzigkeit“. So wollte es Papst Johannes Paul II.. Und so schien es Gott zu gefallen. Denn fünf Jahre später durfte der große Papst eben am Vorabend dieses Sonntags sein erfülltes, segensreiches Leben in Gottes barmherzige Hände zurücklegen. Und wieder sechs Jahre später, wieder an diesem Sonntag, seine Seligsprechung, nachdem der Himmel durch „hieb-und stichfeste“ Wunder seine Unterschrift unter die Seligsprechung gegeben hat, die Bestätigung, dass in aller Welt Menschen mit guten Gründen Johannes Paul II. als Heiligen verehren und um seine Fürsprache bitten.
Aber warum „ Sonntag der Barmherzigkeit“? „Nur in Gottes Barmherzigkeit findet die Welt die Hoffnung“, hat Papst Johannes Paul II. gesagt. Sie ist der Kern der Frohen Botschaft. Sie ist die größte aller Eigenschaften Gottes. Papst Johannes Paul II. hat sich gewünscht, dass die Botschaft von Gottes Barmherzigkeit alle Menschen erreicht. Alle sollen von ihr berührt werden und so selber barmherzig und Zeugen von Gottes Barmherzigkeit werden.
Das Evangelium vom „ungläubigen Thomas“ ist dafür ein starkes Beispiel. Er wollte nur glauben, was er sehen und berühren kann. Er wollte, ganz wörtlich, „be-greifen“, was er glauben sollte. Jesus ist ihm entgegengekommen, hat sich von ihm berühren lassen. Jesus hat ihn wegen seiner Zweifel, seiner kritischen Fragen, nicht verurteilt. Und so wurde der ungläubige Thomas zum Gläubigen: „Mein Herr und mein Gott!“- so betet er Jesus an.
Bei meinen vielen Schulbesuchen werde ich von jungen Leuten oft gefragt: „Haben Sie auch manchmal Zweifel?“ Da frage ich mich dann selber: „Hast du Zweifel? Bist du auch ein ungläubiger Thomas?“ Eines ist mir klar: Ich kann Gott nicht „begreifen“. Dazu reichen weder mein Hirn noch mein Herz. Gott ist immer grösser als alles, was wir uns denken und vorstellen können.
Aber in seiner Barmherzigkeit hat Er sich „begreifbar“ gemacht: Jesus, Gottes Sohn, war sichtbar, greifbar für die Menschen damals, auch für den Zweifler Thomas. Und heute? Für heute sagt uns Jesus: „Selig, die nicht sehen und doch glauben“. Ich kann Jesus nicht direkt sehen. Aber für mich machen Menschen wie der selige Papst Johannes Paul II. Jesus sichtbar. Der heutige Sonntag zeigt, dass es nicht nur mir so geht.
Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen.
Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.