Christus am Kreuz gesiegt, nicht mit Krieg und Waffen, sondern mit einer Liebe, die bis zum Äußersten ging, bis zur Liebe der Feinde. Darum verehren wir das Kreuz.
Christus am Kreuz gesiegt, nicht mit Krieg und Waffen, sondern mit einer Liebe, die bis zum Äußersten ging, bis zur Liebe der Feinde. Darum verehren wir das Kreuz.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Fest Kreuzerhöhung.
Der 14. September ist jedes Jahr für mich ein besonderer Tag. Am 14. September 1995 wurde ich von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Wien ernannt. Dieses Datum ist mir aber nicht nur persönlich wichtig. Es hat zusätzlich eine ganz eigene Note, denn es ist das „Fest Kreuzerhöhung“.
Der Tag meiner Amtsübernahme hängt also eng mit dem Thema „Kreuz“ zusammen. Und somit ist für mich die Frage heute ganz klar: Warum ist in unserer christlichen Religion das Kreuz so wichtig? Warum ist das Kreuz DAS Symbol des Christentums, wie der Halbmond DAS Symbol des Islam darstellt?
Warum ist das Kreuz den Christen wesentlich? Warum ist es anderen verhasst? Warum wollen manche, dass dieses Zeichen möglichst ganz aus dem öffentlichen Leben verschwindet, aus Schulen und Spitälern, aus den Gerichten und von den Bergen? Das heutige Fest „Kreuzerhöhung“ kann helfen, den Streit um das Kreuz besser zu verstehen.
Ursprung des Festes ist die Weihe der berühmten „Grabeskirche“ in Jerusalem im Jahre 335. Erbaut durch Kaiser Konstantin, umfasst sie sowohl die „Schädelstätte“, Golgotha, den Ort der Kreuzigung Jesu, wie auch das nahe gelegene Grab, in den Jesu Leichnam gelegt wurde. Am Tag nach der Kirchweihe, am 14. September 335, wurde das Holz des Kreuzes, an dem Jesus gestorben war, feierlich verehrt („erhöht“), als DAS Siegeszeichen Christi, der durch sein Kreuz den Tod besiegt und uns erlöst hat.
Zahlreiche kleine und kleinste Stücke dieses Holzes kamen als sogenannte „Reliquien“ in die ganze christliche Welt. Eine größere gelangte auch in ein Kloster im Wienerwald, das seither den Namen dieser Reliquie trägt, das „Stift Heiligenkreuz“.
Doch was ist am Kreuz so verehrenswürdig, dass ihm sogar ein eigenes Fest gewidmet wird? Darauf gibt Jesus selber eine Antwort in dem nächtlichen Gespräch, das er mit dem jüdischen Ratsherrn Nikodemus geführt hat. Jesus muss Nikodemus damals so tief beeindruckt haben, dass dieser alle Furcht vor seinen Ratskollegen überwandt und zu Jesus gestanden ist, als der Hass und die Ablehnung des Hohen Rates ihn ans Kreuz brachte. Zusammen mit einem anderen mutigen Mann, Joseph von Arimathäa, besorgte Nikodemus dann auch die Grablegung des Leichnams Jesu.
Von Jesus lernte Nikodemus das Geheimnis des Kreuzes. Es ist ein Geheimnis der Liebe: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“. Denn Gott will die Welt nicht richten, sondern retten.
Warum aber will Gott uns durch das Kreuz retten? Geht das nicht einfacher? Muss es so blutig sein? Wozu soviel Leid? Warum ist das Kreuz das „Markenzeichen“ der Christen? Warum hat die Hitlerjugend am 8. Oktober 1938 ihre Wut über Kardinal Innitzer gerade am Kreuz Jesu ausgelassen (siehe Bild)? Weil der Kardinal im Stephansdom am Tag zuvor „Jesus Christus ist unser Führer!“ ausgerufen hatte. Vor 75 Jahren hat Hitler, der „Führer“, den 2. Weltkrieg entfesselt, der unsäglich viel Leid über die Welt gebracht hat. Nicht mit Krieg und Waffen hat Christus am Kreuz gesiegt, sondern mit einer Liebe, die bis zum Äußersten ging, bis zur Liebe der Feinde. Mehr denn je liegt darin die Hoffnung. Darum verehren wir das Kreuz.
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn.
Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.